Predigt, 11.7.21 (Predigtreihe: Jesus – Rabbi, Coach, Transformer)

15.7.2021

J.Berewinkel

Predigt, 11.7.21  Predigtreihe: Jesus – Rabbi, Coach, Transformer Liebe Geschwister, Lebensveränderung ist ein ganz großes Thema in unserer Gesellschaft. Sehr viele Menschen sehnen sich danach, in ihrem ...

Predigt, 11.7.21  Predigtreihe: Jesus – Rabbi, Coach, Transformer

Liebe Geschwister,
Lebensveränderung ist ein ganz großes Thema in unserer Gesellschaft. Sehr viele Menschen sehnen sich danach, in ihrem Leben etwas zu verändern,
endlich die Kurve zu kriegen,
endlich eine hässliche Macke abzulegen
oder eine gute Gewohnheit zu entwickeln.

Und es gibt eine Fülle an Angeboten, an Beratung, an Kursen, an Coaching und Büchern, die einem helfen können. Da gibt es jede Menge Gutes auf dem Markt.

Es lohnt sich aber auch, beim Thema Lebensveränderung einmal den Blick auf Jesus zu richten.

In der ganzen Welt gibt es kaum einen Menschen, von dem eine so starke Veränderungskraft ausging. Die Evangelien sind voll von Berichten, wo Menschen Jesus begegnet sind. Und fast immer war es so, dass diese Leute verändert aus dieser Begegnung hervorgingen.

Wir haben eben in der Lesung den Bericht über Levi gehört. Der war Zolleinnehmer. Und das war damals, das wissen Sie bestimmt, eine ganz problematische Sorte von Leuten. Das waren Menschen, die außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft standen. Für die anständigen Menschen waren die Zöllner richtige Gangster, miese Verräter, die mit den Römern kollaborieren und den armen Leuten das Geld aus der Tasche ziehen und dadurch selber reich werden.

So einen Typen ruft Jesus heraus: Folge mir!
Und dieser Mensch steht tatsächlich auf. Er bricht aus aus seinem sozialen System, aus seiner Rolle. Und er zieht mit Jesus los, wird sein Nachfolger. Eine radikale Lebensveränderung!

Solche Veränderungen sind reihenweise passiert. Tiefgreifende Lebenswenden, Neuanfänge, Verwandlungen.

Jesus war ein Transformer; einer, der Leben transformiert hat, der Menschen verwandelt und erneuert hat.

Und die Frage ist nun: Wie hat er das gemacht?

Das Entscheidende ist natürlich seine Botschaft, also WAS er gelehrt hat. Und in den meisten Predigten in unseren Gottesdiensten geht es ja genau darum, um die Inhalte seiner Lehre.

In dieser Predigtreihe möchte ich mal den Blick auf etwas richten, was wir sonst kaum bedenken: Nämlich auf das WIE seiner Lehre.
Auf welche Weise hat Jesus gelehrt?
Welche Methoden hat er angewendet?
Ich glaube, dass die Veränderungskraft, die von Jesus ausging, auch damit zu tun hat, und dass uns das heute sehr inspirieren kann.

Wie hat Jesus gelehrt?

Er hat gelehrt, wie damals Rabbis lehrten.
Davon gab es in Israel eine Menge.
„Rabbi“ – das kommt von dem hebräischen „rav“, groß.

Ein Rabbi ist ein Großer, ein großer Lehrer.
Wobei es eben eine ganz andere Art Lehrer waren als unsere Deutsch- und Mathelehrer.
Ein Rabbi hat seine Schüler nicht in Klassen gesammelt, hat nicht Unterricht gemacht von 8-12. Sondern das Lehren geschah in einer Lebensgemeinschaft. Die Schüler haben ihren Rabbi begleitet durch den Alltag. Sie haben ihm zugehört und diskutiert, ihn beobachtet und von seinem Modell gelernt.

Und Jesus hat diese Form des Lernens noch einmal radikalisiert.
Bei einem normalen jüdischen Rabbi hat man sich beworben. Der Schüler kam auf den Rabbi zu und fragte: Darf ich dein Schüler sein?

Jesus hat es meist umgekehrt gemacht. Wir haben das eben in der Lesung gehört. Er hat Menschen berufen: Komm, folge mir nach! Und das heißt: Werde mein Schüler!

Jesus hat die Menschen also in eine Lebensgemeinschaft eingeladen. Ein Miteinander-Lernen rund um die Uhr. Ein Levi und die anderen Jünger zogen mit Jesus durch die Gegend. Sie aßen zusammen und teilten alles, was sie hatten. Sie suchten sich abends ein Quartier, wo sie gemeinsam übernachteten. Tagsüber hörten sie Jesus zu, wie er Predigten hielten und fragten ihn anschließend, wie er das meint.

Und sie beobachteten ihn. Er war ein Modell für sie.
Sie erlebten, wie er mit Menschen umging.
Wie Jesus Kranke heilt und wie barmherzig er mit den Leuten umgeht,
wie er auf Ausgestoßene zugeht, auf Leprakranke, auf Kriminelle und wie er mit ihnen feiert und lacht.
Sie sehen, wie er Kinder auf den Arm nimmt und sie segnet,
wie er Frauen mit Respekt und Wertschätzung begegnet.
Wie klug er auf die Angriffe seiner Gegner reagiert und wie scharf er auch werden kann, wenn Menschen heucheln und falsch sind.

Jesus hat seine Jünger überall hin mitgenommen. Man sieht ihn in den Evangelien fast nie allein. Immer sind die Schüler bei ihm, von morgens bis abends.

Manchmal zieht sich Jesus auch zurück. Da braucht er Ruhe, will allein sein und beten.
Einmal geht er ganz früh am Morgen, als alle noch schlafen, auf einen Berg, will beten. Und sofort rennen seine Jungs ihm hinterher: Wo bleibst du denn? Alle suchen dich! Und dann ziehen sie wieder zusammen los.

Jesus war für seine Jünger eine Art 24/7-Coach.
Rund um die Uhr, von morgens bis nachts waren sie zusammen, von montags bis sonntags.

Ihr Seminarraum war der Alltag. Aus ganz alltäglichen Situationen entwickelt Jesus seine Lehre.
Die Jünger streiten sich um ihre Rangordnung. Und Jesus zeigt ihnen, wer im Reich Gottes groß ist.

Einmal haben sie ihren Proviant vergessen, und Jesus lehrt sie, was Vertrauen heißt.

Sie treffen auf Steuereintreiber, und Jesus zeigt ihnen, wie man’s mit der Steuer hält.

Sie geraten in einen Sturm, und sie erleben, welche Macht ihr Meister hat.

Lernen bei Jesus war nicht nur eine Kopfsache.
Es ging nicht nur darum, mehr theologisches Wissen anzusammeln, mehr Kenntnisse über Gott zu bekommen.

Sondern es ging um das ganze Leben.
Jüngersein bei Jesus – das hieß: Das ganze Leben auf den Kopf stellen zu lassen von diesem Meister.
Ihn in allem zum Vorbild und Modell haben und so mein Leben von ihm formen und verändern zu lassen.

Jüngersein bei Jesus – das war eine intensive Lebensschule.

Die Zeit, wo Jesus mit seinen Jüngern unterwegs war, das waren ja nur 2, vielleicht 3 Jahre. Aber diese Zeit hat eine ungeheuer transformative Wirkung.
Da wurde Leben tiefgreifend und dauerhaft verwandelt.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage:
Was hat denn das alles mit uns heute zu tun?
Was können wir davon lernen?

Ich möchte dazu drei Beobachtungen teilen:

 

1. Veränderung geschieht nie durch Theorie

Wenn Sie sich in irgendeinem Bereich Ihres Lebens Veränderung wünschen, wenn Sie bestimmte Verhaltensmuster ablegen wollen oder neue Gewohnheiten entwickeln möchten, dann wird das nie auf rein theoretischem Weg passieren. Es reicht nicht, ein Buch zu lesen oder einen Vortrag zu hören. Neues Wissen führt nicht automatisch zu neuem Verhalten. Das kennen wir ja alle aus eigener Erfahrung. Da ist oft eine Kluft zwischen dem, was ich weiß und dem, was ich tue.

Ich weiß ja, dass regelmäßiger Sport gut für mich wäre und trotzdem kann ich mich nicht zum Joggen aufraffen, sondern drehe mich im Bett noch einmal um.

Ich weiß ja, dass Gebet eine gute Sache ist und trotzdem finde ich irgendwie keine Zeit dafür.

Aus reinem Wissen entsteht noch kein neues Verhalten.

Bei Jesus sehen wir: Veränderung braucht mehr als Theorie. Ich brauche ein Modell, ein Vorbild, an dem ich mich orientieren kann.
Was ich mit eigenen Augen sehe und erlebe, das hat eine ganz andere Kraft als Texte, die ich lese.
Wenn ich jemanden sehe, der mir etwas vormacht, dann fällt es viel leichter, das auch nachzumachen.
Jesus war kein Dozent, der Theorie vermittelt hat, sondern ein Coach, der seinen Schülern etwas vorgelebt hat, was sie nachleben konnten.

Bei Jesus sehen wir, wie Veränderung funktioniert.
Und wir werden nächsten Sonntag noch mehr dazu hören.

Eine zweite Beobachtung:

2. Christsein heißt Nachfolge

Wenn wir uns das Neue Testament anschauen, dann sehen wir:
Christsein ist mehr als eine Religionszugehörigkeit, mehr als eine Weltanschauung, mehr als eine Tradition.
Christsein bedeutet: Jesus folgen. Ihn zum Lehrer, zum Meister haben. Mein ganzes Leben an ihm ausrichten.

Darauf hat Dietrich Bonhoeffer den Finger gelegt. In der „Nachfolge“, seinem wohl wichtigstes Buch, schreibt er:

„Der Ruf in die Nachfolge ist Bindung an die Person Jesu Christi.“ und „Ein Christentum ohne den lebendigen Jesus Christus ist eine Idee, ein Mythos.“

Christsein bedeutet, Christus folgen.
Jetzt können wir ja heute nicht Jesus wortwörtlich hinterher laufen wie ein Levi das damals gemacht hat.
Aber Jesus ist auch nicht nur eine Figur aus der Vergangenheit. Wir glauben an ihn als Lebendigen, Auferstandenen, der unsichtbar unter uns ist.
„Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“

Christsein heißt: Mit Christus in Kontakt sein als meinem Coach und Rabbi und mein Leben heute von ihm prägen lassen.
Nicht nur eine Stunde am Sonntag, sondern auch im Alltag, als 24/7-Coach.

Noch eine dritte Beobachtung

3. Veränderung in schwierigen Zeiten

Wir haben gerade in der Gemeinde eine schwierige Zeit. Letzte Woche hat im Gottesdienst unser Superintendent bekannt gegeben, dass das Presbyterium auf eigenen Wunsch hin vom KSV aufgelöst wurde, dass wir in einer tiefen Krise stecken und dass das mit Konflikten zu tun hat, die z.T. lange zurückreichen.
Das ist alles richtig schlimm und tut auf allen Seiten weh.

Ich glaube, dass wir als Gemeinde nur dann eine Chance auf echte Veränderung haben, wenn wir uns tatsächlich an Jesus orientieren. Ein wirklicher Neuanfang wird nur möglich sein, wenn wir uns in dieser Situation wirklich von ihm beeinflussen lassen.
In der Gemeinde, in den zuständigen Gremien und auch jeder von uns ganz persönlich.

Orientierung an Jesus bedeutet nicht, dass es da leichte Lösungen gibt, dass man Probleme verdrängt oder eine fromme Soße über alles gießt.
Aber dass wir in allem Aufarbeiten und Entscheiden fragen: Was willst Du, Herr?

Und so können wir, das hoffe ich sehr, Schritte nach vorne gehen und einen neuen Anfang machen.

 

Nächste Woche wird die Predigtreihe fortgesetzt.
Da werden wir uns weitere Aspekte anschauen, wie Jesus gelehrt hat und was wir da von ihm lernen können.

Jesus – ein Rabbi, ein Coach. Einer, der Leben transformiert.
Das ist eine Verheißung für uns persönlich
und für unsere Gemeinde.
Veränderung ist möglich,
wenn wir Jesus unseren Rabbi und Coach sein lassen.

Amen.