Predigt, 18.7.2021 (Predigtreihe: Jesus – Rabbi, Coach, Transformer Teil 2)

25.7.2021

J.Berewinkel

Predigt, 18.7.2021:  Jesus-Rabbi,Coach,Transformer Teil 2 Liebe Geschwister, in der aktuellen Ausgabe der „Zeit“ steht ein eindringlicher Artikel. Die Autoren machen klar: Dieses Hochwasser, das war erst der ...

Predigt, 18.7.2021:  Jesus-Rabbi,Coach,Transformer Teil 2

Liebe Geschwister,
in der aktuellen Ausgabe der „Zeit“ steht ein eindringlicher Artikel. Die Autoren machen klar: Dieses Hochwasser, das war erst der Anfang. Der Klimawandel wird weitere und extremere Naturkatastrophen mit sich bringen. Wenn wir unser Verhalten nicht tiefgreifend verändern, wird es immer schlimmer.
Und dann kommt die Frage: Aber was kann uns Menschen dazu bringen, unser Verhalten zu verändern? Die Autoren schreiben: „Die meisten Menschen lassen sich nicht durch Tortendiagramme und Formeln zum Umdenken bewegen“.

Und damit sind wir bei der zentralen Frage in unserer Predigtreihe: Wodurch geschieht Veränderung?
Diagramme und Zahlen und Fakten haben nur eine geringe verändernde Kraft. Um wirklich unser Verhalten zu verändern, braucht es mehr.

Im ersten Teil unserer Predigtreihe, vor 2 Wochen, hatten wir gesehen, dass von Jesus, als er in Israel wirkte, eine ganz enorme Veränderungskraft ausging. Er war ein Transformer, einer, der Menschen verändert hat, regelrecht transformiert hat.

Das hat natürlich vor allem etwas mit seiner Botschaft zu tun, mit dem Inhalt seiner Lehre.
Aber es hat auch etwas zu tun mit den Formen und Methoden, wie Jesus gelehrt hat. Und darauf richten wir in dieser Predigtreihe einmal den Fokus.

Ein entscheidendes Kennzeichen ist, damit haben wir uns beim letzten Mal befasst: Jesus hat nicht nur Theorie vermittelt, sondern er hat seinen Jüngern etwas vorgelebt. Er war kein Dozent, sondern ein Modell, das sie rund um die Uhr beobachten konnten. Das hatte eine enorm prägende Wirkung auf die Menschen, die ihm nachfolgten.

Heute möchte ich mir mit Ihnen drei weitere Methoden anschauen, die typisch für Jesus waren und die auch für uns heute relevant sind.

1. Von der Vision zur Aktion

Haben Sie schon einmal vom Zürcher Ressourcen Modell gehört? Kurz: ZRM?
Das ist ein sehr erfolgreiches Selbstmanagement-Training. Es ist wissenschaftlich fundiert und praxisorientiert.
Ein entscheidendes Kennzeichen bei einem ZRM-Trainingskurs ist der Anfangspunkt.
Die Teilnehmer kommen meistens mit irgendeinem Problem. Man kann sich bei der Arbeit nicht durchsetzen, hat Stress mit dem Partner, lebt zu ungesund usw. Der Fokus der Leute ist gerichtet auf die Sachen, die schlecht laufen, auf das Problem.

Und nun wird in dem Seminar der Fokus verändert, weg von dem Problem hin zu der eigenen Sehnsucht.
Wie wünschen Sie denn, dass Ihr Leben aussieht? Da werden Bilder gezeigt und geschaut: Was berührt mich? Wonach sehne ich mich? Was ist meine Vision vom Leben?
Und hier, sagen die ZRM-Leute, in der Vision, in dem positiven Bild, liegt die Kraft, die Veränderung schafft. Hier liegt die Motivationskraft.

Wenn wir uns anschauen, wie Jesus seine Jünger gelehrt hat, dann sehen wir: Er hat es genau so gemacht. Er hat mit seinen Jüngern nicht diskutiert, wie man die Römer aus dem Land kriegt oder warum es so wenig Fische im See Genezareth gibt. Er hat ihnen auch kein Handbuch mit Regeln in die Hand gedrückt, keine Liste, was erlaubt und was verboten ist. Sondern er hat ihnen vom Reich Gottes erzählt. Er hat Bilder vor Augen gemalt, wie ein Leben unter Gottes guter Herrschaft aussieht. Die ganze Bergpredigt ist im Grunde eine große Vision von einem Lebensstil, der von Gottes Liebe bestimmt ist. Das Leben kann ganz, ganz anders aussehen als ihr es bisher kennt.

Und dieses Bild hat dann in den Jüngern gezündet, hat ihre Motivation geweckt, hat Energien freigesetzt.

Aus der Vision erwuchs die Aktion. Aus dem großen Bild kam der Schwung und die Kraft, sich nun auch anders zu verhalten, aus den eingefahrenen Gleisen auszubrechen und ein neues Verhalten einzuüben, das zum Reich Gottes passt.

Von der Vision zur Aktion.
Das könnte auch für uns heute relevant sein.
Wie wünschen wir uns, dass unsere Kinder und Enkel einmal leben können, in was für einer Welt? Was ist da unserer positive Vision? Wenn wir das sehen, dann können wir auch die Energie finden, unser Alltagsverhalten so zu verändern, dass wir dieser Vision näher kommen.

Das mit der positiven Vision gilt aber auch für unsere Gemeinde.
Ich denke, wir sind im Moment alle ziemlich frustriert und auch ratlos, was die Zukunft unserer Gemeinde angeht.

Aber wir heißen Auferstehungsgemeinde.
Und der Auferstandene ist nicht nur eine Figur an der Wand, sondern er ist lebendig und geht mit uns.
Und darum können wir Hoffnung haben. Mit ihm kann diese Krise jetzt zu einem Neuanfang werden, zu einer Chance. Da kann in unserer Gemeinde etwas Neues und Gutes wachsen, wenn wir uns von Jesus führen und motivieren lassen.

Also: Die positive Vision ist der Ausgangspunkt.

Eine zweite Trainingsmethode von Jesus, heißt:

2. Aktion und Reflexion

Ein neues Verhalten lernen wir nie durch Theorie.
Nehmen wir einmal an, ein Mensch möchte in seinem Leben etwas verändern, möchte vielleicht einfühlsamer mit seinen Kollegen umgehen oder sich mutiger zu seinem Glauben bekennen oder barmherziger auf die Not anderer reagieren – dann ist es natürlich gut sich zu informieren und Predigten dazu zu hören oder ein Buch zum Thema zu lesen. Aber Verhalten verändert sich nie durch Theorie, sondern indem wir ein neues Verhalten ausprobieren.

Wissen Sie noch, wie Sie tanzen gelernt haben? Vielleicht war es im Tanzkurs während der Schulzeit oder später. Da hat der Tanzlehrer Ihnen bestimmt kein Buch in die Hand gedrückt und gesagt: Lesen Sie das erste Kapitel! Da wird der Walzer beschrieben. Lernen Sie das bis zur nächsten Woche.
Sondern er wird Ihnen vorgemacht haben, wie man Walzer tanzt. Und dann haben Sie es probiert. Erst ganz staksig und unsicher, aber allmählich ging der Rhythmus in die Beine und es wurde flüssiger und plötzlich haben Sie Walzer getanzt. Tanzen lernt man, indem man es ausprobiert. Und Skifahren und Tapezieren und Geige spielen auch. Ein neues Verhalten lernen wir nur durch Praxis, durch Ausprobieren.

Und so hat auch Jesus seine Jünger gelehrt.
Er hat sie immer wieder zu Aktionen aufgefordert, das haben wir eben in der Lesung gehört: Los, fahrt noch mal raus und werft die Netze aus!
Und dann haben sie es gemacht, haben Vertrauen gewagt, gegen alle Lebenserfahrung, gegen das Gefühl: Ach, das bringt ja doch nichts.
Aber auf sein Wort hin sind sie losgefahren und haben so völlig neue Erfahrungen gemacht, Sie haben Vertrauen gewagt, haben es ausprobiert.
Sie hätten 3 Bücher und 5 Podcasts zum Thema Vertrauen lesen können. Das hätte gar nichts gebracht. Aber diese Erfahrung hat sie verändert.

Und so hat Jesus es immer wieder gemacht. Er hat mehrfach seine Jünger auf Missionstouren geschickt, hat ihnen gesagt: Geht los! Predigt das Evangelium! Heilt die Kranken! Nehmt kein Geld mit, sondern vertraut, dass Gott euch versorgt!

Und dann gingen sie los und probierten das aus. Die Jünger, das waren ja junge Kerle, Fischer, Handwerker, einfache Leute. Als die zum ersten Mal versuchten, eine Predigt zu halten – das klang bestimmt ziemlich seltsam. Und ich will gar nicht wissen, wie deren Heilungsversuche aussahen. Aber sie probierten es. So wie wir das mit dem Tanzen probierten.

Und dann kamen sie zurück zu Jesus und haben mit ihm ihre Erfahrungen reflektiert. Die Evangelien berichten, dass sich Jesus nach solchen Einsätzen mit seinen Jüngern zurückgezogen hat, sich da viel Zeit für sie genommen hat. Da konnten sie in aller Ruhe erzählen. Erzählen, was gelungen ist, aber auch, wo sie gescheitert sind. Und sie konnten miteinander reflektieren, was man anders machen könnte.

Aktion und Reflexion.

In der Anglikanischen Kirche in England gibt es einen Theologen, der heißt David Heywood. Der hat viele Jahre intensiv erforscht und publiziert, wie man sich in Glaubensdingen am Besten weiterentwickeln kann. Sein Ansatz ist der action-reflection-circle, also ein Kreislauf aus Aktion und Reflexion.
Die stärkste Veränderung in der Kirche, sagt Heywood, passiert, wenn sich in einer Gemeinde eine Gruppe von Leuten zusammensetzt. Wenn man da gemeinsam in den Evangelien liest und sich fragt: Was will Jesus uns heute damit sagen? Was könnte das für unsere Lebenspraxis heißen?
Und dann geht man hin und probiert etwas aus, versucht so zu handeln, wie es den Worten von Jesus entspricht. Und danach kommt man wieder zusammen und reflektiert das und schaut: Wie könnten wir es nächste Woche noch besser hinkriegen?
Ein Kreislauf von Aktion und Reflexion.

Veränderung im Leben geschieht nicht durch Theorie und Palaver, sondern indem wir eine Einsicht ausprobieren, handeln und dann wieder reflektieren.

Vielleicht ist das ja auch eine Spur für Sie persönlich, für Ihren Veränderungswunsch. Ausprobieren und reflektieren.

Und vielleicht ist es auch für uns als Gemeinde ein verheißungsvoller Weg. Wir wissen ja gerade nicht so richtig, wie es weitergehen soll. Vielleicht müssen wir auch jetzt manches ausprobieren, mutig Schritte nach vorne gehen und die dann wieder reflektieren.
Auf jeden Fall macht uns Jesus hier Mut, nicht in der Theorie stecken zu bleiben, sondern praktisch zu handeln.
3. Lernen in Gemeinschaft

Als Jesus seine Jünger ausbildete, da hat er sie in eine Gemeinschaft zusammengefügt.
Er hatte keine Einzelschüler. Wenn man ihm folgen wollte, musste man Teil dieser Gemeinschaft werden. Und das war eine sehr heterogene Truppe: Bodenständige Fischer, zwielichtige Zöllner, vornehme Damen und Frauen aus dunklem Milieu, politische Fanatiker, romfreundliche Kollaborateure, kluge Theologen und ehemalige Pflegefälle.
Das war bestimmt nicht nur einfach zwischen denen. Da gab es immer wieder Zoff und die gingen sich gegenseitig auf die Nerven.

Aber Jesus wusste: Veränderung braucht die Kraft der Gemeinschaft. In der Gruppe werden Kräfte freigesetzt, die man alleine nicht hat.

Wir sehen das in der Kirchengeschichte. Alle Erneuerungsbewegungen waren Gemeinschaftsbewegungen. Denn nur in der Gemeinschaft kann sich diese Kraft der Veränderung entwickeln.

Und das ist ja nicht nur in der Kirche so, sondern überall: Ob weight watchers oder Anonyme Alkoholiker oder Lauftreff oder auch fridays for future. Man schließt sich mit anderen zusammen, weil man durch die Kraft der Gruppe stärker wird.

In der Gemeinschaft kann man sich gegenseitig motivieren und stützen.
Nehmen wir einmal das Beispiel Lauftreff: Es ist ein Unterschied, ob ich mich allein zum Joggen aufraffen muss oder ob da eine Gruppe ist, die auf mich wartet. Und auch beim Laufen: Wenn ich da japse und eigentlich keine Lust mehr habe, aber die anderen laufen weiter, dann ziehen die mich mit.

In der Gruppe kann man sich gegenseitig hochziehen und mitnehmen, motivieren und trösten. Miteinander kann man Erfolge feiern und die Niederlagen verarbeiten und so die Motivation hoch halten.

Wenn wir als Gemeinde vorankommen wollen, dann brauchen wir diese Kraft der Gemeinschaft. Zusammen werden wir Dinge schaffen, die wir als Einzelne nicht erreichen können.

Und wenn Sie in Ihrem Lebensstil irgendetwas verändern wollen, dann wird es viel leichter umzusetzen sein, wenn Sie Mitstreiter finden, die das gleiche wollen.

Jesus war ein großartiger Meister und Coach. Er wusste, wie Veränderung möglich wird:

Die positive Vision am Anfang.
Der Kreislauf von Aktion und Reflexion.
Und das alles in einer Gemeinschaft, die uns trägt und motiviert.

Wenn wir Jesus als Coach folgen und seine Weisungen ernst nehmen, dann kann Veränderung real werden. In unserem eigenen Leben und in unserer Gemeinde.

Amen.