Predigt, 2.2.2025, Mt. 16, 13-18

2.2.2025

J.Berewinkel

Liebe Geschwister, wir werden ja gleich beim Workshop im Gemeindehaus Ideen sammeln für einen Namen für die neue fusionierte Gemeinde. Ich dachte, da ist es doch ganz ...

Liebe Geschwister,
wir werden ja gleich beim Workshop im Gemeindehaus Ideen sammeln für einen Namen für die neue fusionierte Gemeinde.
Ich dachte, da ist es doch ganz gut, einmal miteinander über die Bedeutung von Namen nachzudenken.

In der Episode, die wir eben in der Lesung gehört haben, geht es um Namen. Um Namensgebung.

Ihr habt den Text ja in Eurem Gottesdienstblatt. Schaut doch mal mit rein.

Jesus war mit seinen Jüngern in der Gegend von Cäsarea Philippi. Das war im äußersten Norden von Israel, da, wo die Jordanquellen entspringen. Eine ruhige Gegend, weit weg von den Volksmengen, die Jesus meistens belagerten. Jesus will mit seinen Jüngern allein sein.

Und da fragt er sie: Was sagen eigentlich die Leute von mir? Für wen halten die mich? Er macht so eine Art Meinungsumfrage.
Und die Jünger sprudeln heraus: Manche sagen, du bist der wiederauferstandene Johannes der Täufer. Manche halten die für den wiedergekommenen Elias. Manche denken, du bist ein Prophet, usw.
Ganz unterschiedliche Namen, die hier fallen.

Es wäre interessant, wenn wir hier auf dem Venusberg, in Ippendorf mal so eine Meinungsumfrage machen würden. Was sagen die Leute über Jesus? Was halten sie von ihm?

Was würden die Menschen hier sagen?
Welchen Namen würden sie Jesus geben? …
Manche würden sagen: Er war ein großartiger Lehrer. Ein Religionsstifter, ein Reformer, ein Charismatiker, …

Es gibt viele Namen, die man für Jesus hat, viele verschiedene Meinungen über ihn.
Heute wie damals.

Aber dann gibt Jesus dem Ganzen einen interessanten Twist:
Und ihr? Was denkt ihr über mich? Wer sagt ihr, dass ich bin?

Es ist ja leicht, so ganz allgemein über Jesus und Religion und Kirche zu reden. Darüber zu sprechen, was „man“ so sagt, was die Leute so reden. Da bleibt es schön allgemein und unverbindlich.

Aber jetzt wird es plötzlich persönlich: Und Ihr? Und Du? Was denkst du über Jesus? Für wen hältst du ihn?

Die Jünger zögern. Vielleicht sind sie sich selbst nicht so sicher. Schauen zu den anderen. Blicken zu Boden.

Und dann macht Simon den Mund auf und sagt:
Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!

Es ist vermutlich das erste Mal, dass er das so offen ausspricht. Die Jünger kannten Jesus schon eine Weile. Vielleicht zwei Jahre oder so. Sie hatten ihn erst einfach für einen tollen Rabbi gehalten, haben dann über seine Wunder gestaunt. Und nach und nach merkten sie, dass er noch viel mehr ist als nur ein großartiger Lehrer und Heiler. Dass er wirklich von Gott kommt, dass er der Christus ist, der Messias, auf den das Volk wartet, der Messias, von dem schon im Alten Testament gesagt ist, dass er Gottes Sohn ist.

Sie hatten das vielleicht alle im Kopf und im Herzen. Aber jetzt spricht Simon es aus:
Du bist der Christus!

Das ist ja auch eine Namensgebung.
Aber es ist eben noch viel mehr als das.
Es ist ein Bekenntnis.
Du bist der, den Gott verheißen hat,
auf den wir gewartet haben.
Du bist die Erfüllung unserer Hoffnung!
Du bist der Erlöser!

Zum ersten Mal wird von einem Menschen dieses Bekenntnis ausgesprochen.
Zum ersten Mal tritt jemand heraus aus der Unverbindlichkeit und spricht das klar aus.

Und Jesus antwortet:
Selig bist du, Simon! Das hat Gott selbst dir offenbart.

Manche Sachen kann man nicht durch bloßes Nachdenken herausfinden. Ob es Gott gibt, wer Jesus ist – da kommen wir nur durch Nachdenken zu keiner Klarheit. Da braucht es einen Impuls von oben, dass Gott selbst uns eine Klarheit ins Herz gibt.

Selig bist du, Simon, glückselig, dass Gott dir diese Klarheit geschenkt hat!

Simon hat Jesus einen neuen Namen gegeben.

Und jetzt gibt Jesus dem Simon einen neuen Namen:

„Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen.“

Bestimmt waren manche von Euch schon mal im Petersdom in Rom, oder?
Da sieht man in der Kuppelrundung dieses Wort in Latein in riesigen Buchstaben: Tu es Petrus.
Gewaltig!

Mit diesem Wort von Jesus wird das Papsttum begründet: Petrus und seine Nachfolger sind der Fels, auf dem die Kirche gebaut ist.

Ich hab da meine Zweifel, dass Jesus das so gemeint hat.
Aber was hat er gemeint?

Es ist auf jeden Fall ein Wortspiel.
Das griechische Wort für Fels ist „petra“, ein feminines Wort. Und wenn man das auf einen Mann bezieht, wird daraus „petros“. Petros ist also so etwas wie „Felsenmann“.
Wörtlich sagt Jesus: Du bist „petros“ (der Felsenmann) und auf diesen „petra“ (diesen Fels) will ich meine Gemeinde bauen.

Was ist der Fels, auf den die Gemeinde gebaut wird?
War das der Charakter von Simon, der so felsenhaft war?
Überhaupt nicht. Die Evangelien berichten, dass Simon einen ziemlich schwankenden Charakter hatte, ziemlich impulsiv war. Einer, der schnell den Mund aufmacht, aber auch immer wieder ziemlichen Blödsinn redet und dafür von Jesus gedeckelt wird.
Er sagte laut und selbstbewusst zu Jesus: Wenn alle dich verlassen – ich nie!
Und dann hat er ihn verleugnet, als Jesus verhaftet wurde. Hat gesagt: Ich kenne den gar nicht.
Sein brennender Glaube ist plötzlich zu einem Häufchen Asche geworden. Aus dem mutigen Bekenner ist ein jämmerlicher Versager geworden.
Nix mit Felsenmann.

Der Fels, auf den Jesus seine Kirche baut, ist nicht der tolle Charakter eines Menschen, nicht sein starker Glaube. Darauf kann man nicht bauen.

Der Fels, auf dem die Gemeinde steht, ist das Bekenntnis zu Jesus: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!

Bei diesem Bekenntnis geht es nicht um eine dogmatische Formel, um einen theoretischen Lehrsatz.
Sondern es geht um eine Wirklichkeit, die Simon mit diesen Worten ausdrückt:
Dass dieser Mensch Jesus tatsächlich mehr ist als nur ein toller Typ, der schöne Ideen hatte.
Dass er wirklich von Gott in unsere Welt gekommen ist, dass in diesem Jesus Gott selbst sich gezeigt hat, uns sein Herz gezeigt hat, sich mit uns verbündet und versöhnt hat.

Diese Wahrheit, dieses Bekenntnis ist der Fels, auf dem die Gemeinde gebaut ist. Es ist der Fels, auf dem die Kirche steht.

Der Schlüssel zum Verständnis des christlichen Glaubens, die Mitte des Christentums ist tatsächlich Jesus, der Christus. Wenn wir den an den Rand schieben, wenn wir den aufgeben, vielleicht, weil er nicht mehr konsensfähig in der Gesellschaft ist – dann verlieren wir alles. Dann geben wir das Fundament der Kirche auf.

In diesem Jahr feiern wir den 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer. Der hat aus seinem Glauben an Jesus die Kraft für den Widerstand gegen die Nazis gewonnen und ist für diesen Widerstand hingerichtet worden.
Bonhoeffer hat einmal über unseren Text gepredigt. Und zwar am 23. Juli 1933. Es war der Sonntag, an dem die Kirchenwahlen in Deutschland stattfanden. Da standen zur Wahl auf der einen Seite die „Deutschen Christen“, die den christlichen Glauben an die Naziideologie anpassen wollten. Und auf der anderen Seite Leute wie Bonhoeffer und andere, die die Kirche nicht den Nazis unterwerfen wollten.

Und Bonhoeffer sagt in dieser Predigt zu unserem Text: Die Felsenkirche – das ist die „Kirche des Christusbekenntnisses … Nicht Kirche, in der von dem geredet wird, was ‚die Leute sagen‘, sondern Kirche, in der das Bekenntnis des Petrus immer neu gesagt und ausgerichtet wird … Kirche, die nur so lange Fels unter sich hat, als sie hierin bleibt.“

Das gilt auch für heute und auch für unsere Gemeinde, auch für die neu entstehende Gemeinde.
Sie wird nur Zukunft haben, wenn sie auf diesem Fels steht.
Und wenn sie so bei Jesus Christus bleibt, dann wird sie auch Zukunft haben, und die Pforten der Hölle und keine Macht der Welt wird sie auslöschen können.

Vielleicht sagen sich jetzt manche: Na ja, das ist ja schön, wenn man mit voller Überzeugung so ein Bekenntnis aussprechen kann. Aber ich kann das nicht. Ich weiß nicht so genau, was ich von Jesus halten soll. Ich hab lauter Zweifel und mein Glaube ist ziemlich fragil. Mich würde Jesus wohl kaum einen Felsen nennen.

Mag sein. Aber da ist es gut, sich noch mal genauer Simon anzuschauen.
Wir haben ja eben schon gesagt, dass der Höhen und Tiefen erlebt hat.
Hier legt er ein tolles Bekenntnis ab und ein paar Wochen später verleugnet er Jesus.
Aber was interessant ist und was wir bei unseren ganzen Zweifeln von Simon lernen können – er bleibt an Jesus dran.
Als er ihn verleugnet hat und dann miterlebt, wie Jesus gekreuzigt wurde, da rennt er nicht davon. Er bleibt bei den anderen Jüngern, obwohl er sich bestimmt furchtbar geschämt hat. Er bleibt da. Und dann erlebt er mit, dass sich Jesus als Auferstandener zeigt. Und er erlebt eine neue Berufung und erweist sich in den folgenden Jahren als echter Fels in der Gemeinde.

Wenn wir Zweifel haben an Gott, an Jesus, dann ist es wichtig, dass wir dran bleiben.
Im Gespräch bleiben mit anderen Christen. Mit ihnen über die Fragen reden, die uns bewegen. Darum feiern wir Gottesdienst.
Und im Gespräch bleiben mit Gott. Du kannst Gott von Deinen Zweifeln erzählen, ihn bitten, dein Vertrauen zu stärken. Und dann kannst du vielleicht erleben, dass Gott dir auch so einen hellen Schein ins Herz gibt wie dem Simon und du eines Tages sagen kannst: Ja, du bist Christus! Ich glaube dir.
Und Jesus zu dir sagt: Du bist ein Fels! Mit dir will ich meine Gemeinde bauen. Amen.