Predigt 20.6.2021

20.6.2021

J.Berewinkel

Predigt 20.6.2021 Lk. 15, 1-7 Liebe Geschwister, haben Sie schon mal etwas wirklich Wertvolles verloren? Etwas, das Ihnen wichtig war? … Was war das? … Autoschlüssel? Handy? Kind? ...

Predigt 20.6.2021 Lk. 15, 1-7

Liebe Geschwister,
haben Sie schon mal etwas wirklich Wertvolles verloren? Etwas, das Ihnen wichtig war? …
Was war das? … Autoschlüssel? Handy? Kind? …

Es gibt bei Kindern ein Alter, da können sie schon gut laufen, aber noch nicht so gut denken. Da laufen sie einfach weg.
Als unser Sohn Janek in dem Alter war, da war ich mit ihm in einem großen REWE-Markt einkaufen.
Ich drehe mich nur mal kurz zu einem Regal, um etwas zu gucken – und plötzlich ist er weg. Ich weiß gar nicht, wie er das so schnell geschafft hat. Ich bin hinterher, alle Gänge entlang geflitzt, in alle Reihen geguckt – und kein Kind zu sehen.
Vielleicht haben Sie solche Situationen auch schon mal erlebt. Es ist echt nicht schön. Und man ist 100% von der Suche in Beschlag genommen. Es hat zum Glück bei Janek nicht sehr lange gedauert. Irgendwann sah ich ihn dann vor einem Regal stehen und war unglaublich erleichtert.

Jesus hat einmal erzählt, dass Gott etwas verloren hat und auf der Suche ist.
In Lk 15 erzählt er drei Geschichten dazu. 3 Gleichnisgeschichten. Alles zu demselben Thema. Verlorenes Schaf, verlorene Münze, verlorener Sohn. Offenbar ein Thema, das Jesus sehr wichtig war.

Ich lese Ihnen das erste von diesen 3 Gleichnissen vor:

Lk. 15, 1-7

Das wichtigste an diesem Gleichnis ist, dass Jesus es erzählt.
Da hat sich keiner eine hübsche Theorie über Gott ausgedacht.
Sondern diese Geschichte hat einer erzählt, der Gott kennt. Jesus kommt ja von Gott. Er war „im Schoss des Vaters“, sagt Johannes einmal. Niemand ist Gott so nahe gewesen. Niemand hat so intime Kenntnisse über Gott wie Jesus; kein Mensch und auch kein Engel. Jesus weiß, wie Gott denkt und fühlt. Er weiß wie es im Herzen von Gott aussieht.

Und in dieser kleinen Gleichnisgeschichte bringt er das auf den Punkt. Zeigt darin, wie Gott zu uns Menschen steht. Wie er für uns empfindet.

Drei Stichworte ragen da heraus:
Verlieren, Suchen und Freude.

Fangen wir mit dem ersten an:

Verlieren

Gott hat Menschen verloren, sagt Jesus. Nicht durch Schusseligkeit, sondern weil sie ihm weggelaufen sind. Weil Gott uns ja nicht einsperrt. Weil er uns nicht zwingt, an ihn zu glauben. Wenn jemand sich von Gott entfernen will, dann hält Gott ihn nicht fest.

Man denkt beim verlorenen Schaf schnell an Menschen, die moralisch runtergekommen sind oder gesellschaftlich am Rand stehen. Aber das muss überhaupt nicht so sein.
Es gibt viele Menschen, die führen ein sehr anständiges Leben, die sind sehr nett. Und doch sind sie „verlorene“ Menschen. Weil sie den Kontakt zu Gott verloren haben. Wie bei unserem Janek im REWE: Da war der Kontakt weg. Ich hatte ihn aus dem Blick verloren und er mich.

Wir haben heute den Tom getauft, damit er gleich von Anfang seines Lebens an in Kontakt mit Gott kommt. Da hat ihm Gott sozusagen die Hand hingehalten und ihm gesagt: Du und ich, wir gehören zusammen. Ich möchte mit dir zusammen durchs Leben gehen.

Aber wir wissen natürlich nicht, wie Tom darauf reagieren wird. Ob er an dieser Hand bleiben wird oder sich davon losreißen wird. Das ist ja unser freier Wille. Gott fesselt uns nicht an sich. Wir können jederzeit weggehen.

Wenn Menschen den Kontakt zu Gott verlieren, dann empfinden sie das nicht unbedingt als ein Problem. Viele Menschen leben ohne Gott, sind „verloren“ und vermissen nichts.

Aber eines macht Jesus in dieser Geschichte sehr deutlich:
Ob wir Gott vermissen oder nicht – das ist gar nicht das Entscheidende.
Entscheidend ist, dass ER uns vermisst!!

Und das tut er. Gott vermisst seine Menschen, so wie ein Hirte ein Schaf vermisst.
Kein Hirte, der ein Schaf verliert, sagt: Na ja, eins mehr oder weniger, macht nichts! Denn für den Hirten ist jedes Schaf wichtig.

Und für Gott ist jeder Mensch wichtig.
Jeder Mensch, ganz egal wie er sich entwickelt hat, wie sympathisch oder unsympathisch, wie schön oder hässlich, wie schlau oder schlicht.
Jeder Mensch ist Gott wichtig.
Er vermisst uns, wenn wir uns von ihm entfernt haben.
Und darum macht er sich auf die Suche nach uns.
Damit sind wir beim 2. Stichwort:
Suchen

Der Hirte macht sich auf die Suche. Er wartet nicht einfach ab, dass sein Schaf von alleine zurück kommt. Sondern er geht los, steigt in die Berge rauf. Klettert Wadis runter. Geht in alle Richtungen, bis ihm die Füße wehtun. Er sucht solange, bis er es gefunden hat.

So macht es Gott, sagt uns Jesus. Er macht sich auf den Weg.
Er bleibt nicht in seinem Himmel sitzen und wartet darauf, dass wir Menschen ihn finden. Sondern er bricht auf, macht sich auf die Suche.

Was Jesus hier über Gott sagt, das ist nicht nur ein Gedanke. Es ist nicht nur eine abstrakte Wahrheit.
Sondern in Jesus ist Gott gerade dabei, genau das zu tun, was das Gleichnis beschreibt.
In Jesus hat sich Gott ja auf den Weg gemacht. Hat den Himmel verlassen. Ist Mensch geworden, um nach seinen verlorenen Menschen zu suchen.
Jesus ist Gottes Suche in Person.
Und die ganzen Gespräche, die Jesus geführt hat, die Reisen durch das Land, die Heilungen und Predigten, das Sammeln von Jüngern – das war alles ein Suchen nach Menschen, die den Kontakt zu Gott verloren haben.

Das Gleichnis, das er erzählt, ist Wirklichkeit.
Gott IST auf der Suche nach seinen verlorenen Menschen.
Bis heute.
Die paar Jahre, wo Jesus auf der Erde war, das war nur der Anfang.
Und so ist er auch heute auf der Suche nach uns Menschen.

Woran merken wir denn, dass Gott uns sucht?
Wir merken es meist erst im Rückblick.

Es kommt vor, dass ein Mensch irgendwann in seinem Leben sich auf die Suche nach Gott macht.
Ein Mensch, der bis dahin wenig an Gott dachte, wo die Gottesfrage einfach im Hintergrund stand.
Und dann kommt es vor, dass durch irgendetwas diese Frage in den Vordergrund rückt. Vielleicht bei einem besonderen Naturerlebnis, wenn man einen beeindruckenden Berg sieht oder den Sternenhimmel und dann ploppt der Gedanke hoch: Das kann doch nicht nur Zufall sein! Welche Macht steckt dahinter??

Oder man erlebt vielleicht die Geburt eines Kindes und spürt und weiß: Das Leben ist ein großes Wunder. Da wird mir etwas geschenkt. Und man möchte wissen, wer dahinter steht.

Manchmal sind es auch Krisen und Krankheiten, die uns auf die Suche nach Gott bringen.

Vor 10 Tagen ist Philipp Mickenbecker verstorben, mit 23 Jahren. Er ist ein bekannter youtuber. Sein Kanal hatte über eine Millionen follower. Mit seinem Bruder und seinen Freunden hatte er in den letzten Jahren richtig witzige Experimentiervideos gemacht. Die haben Achterbahnen gebaut für Badewannen und sind darauf gefahren und haben lauter so verrückte Sachen gemacht.
Und dann kam der Krebs und Philipp wusste, dass er bald sterben wird. In einer Sendung vom NDR sagt er: Ich musste wissen: Ist da jemand? Ist Gott real?
Und er fand in den letzten Monaten zum Glauben, fand Gott und beschreibt, dass er jetzt loslassen kann, weil er die Gewissheit hat, dass Jesus auf der anderen Seite auf ihn wartet.

Vor drei Tagen fand die Beerdigung statt. Todtraurig und doch voller Hoffnung.

Philipp hat Gott gesucht und hat ihn gefunden.
Aber die tiefere Wahrheit ist: Bevor Philipp anfing, Gott zu suchen, hat Gott schon nach ihm gesucht und hat ihn gefunden.

Gott geht uns hinterher.
Und wenn er uns findet, dann entsteht große Freude.

Das ist das 3. Stichwort:

Freude

Damals, zur Zeit von Jesus, gab es eine Menge Miesepeter. Die Pharisäer und Schriftgelehrten.
Die konnten überhaupt nicht verstehen, dass sich Jesus mit Leuten abgibt, die gar nicht fromm waren.
Wenn die sahen, wie Jesus mit solchen Leuten an einem Tisch saß und aß und lachte und das offenbar genoss, das fanden die gar nicht witzig. Sie rümpften die Nase und sagten: Wie kann man sich nur mit solchen Leuten abgeben!?

Und Jesus sagt zu ihnen: Warum seid ihr so miesepetrig? Freut euch doch mit!

Wenn ein Mensch mit Gott in Kontakt kommt, dann ist das ein Riesengrund zum Jubeln.
Das ist beim Philipp so deutlich zu spüren, bei allem Schmerz und aller Traurigkeit.
Wenn man Gott findet, dann findet man ja seinen Ursprung und sein Ziel.
Und das ist Grund zur Freude.

Und die größte Freude, das sagt Jesus, hier, die größte Freude hat Gott!

Gott freut sich.
Vielleicht ist das für Sie ein fremder Gedanke. Etwas, was gar nicht in Ihr Bild von Gott passt. Vielleicht haben Sie sich Gott bisher immer eher kühl, emotionslos vorgestellt. Der große, unfassbare, ewige, heilige.

Aber Jesus kennt Gott besser. Er weiß: Vater freut sich riesig, wenn er eins seiner vermissten Kinder findet.
Er jubelt und lacht wie ein Hirte, der sein Schaf wiedergefunden hat.

Und da sollen sich alle mitfreuen.

Amen.