Predigt, 5.10.2025 Ps. 50, 23 (Erntedank)

5.10.2025

J.Berewinkel

Ihr Lieben, stellt euch vor: Es ist Abend. Du sitzt gemütlich im Sessel im Wohnzimmer. Die Tagesschau geht gerade zu Ende. Da erscheint plötzlich ein Engel. ...

Ihr Lieben,
stellt euch vor: Es ist Abend. Du sitzt gemütlich im Sessel im Wohnzimmer. Die Tagesschau geht gerade zu Ende. Da erscheint plötzlich ein Engel. Er sieht so aus, wie Engel eben aussehen: Leuchtend, überirdisch; einfach magisch. Der Engel hat eine goldene Schale in der Hand und reicht sie dir. Die Schale ist voller Eis. Du probierst es – es ist der Wahnsinn! Du hast noch nie ein so fantastisches Eis gegessen: So cremig! Ein so unglaublich intensives Aroma! Es ist unfassbar. Der Engel verschwindet und mit ihm die goldene Schale. Und du bleibst zurück, den Geschmack noch im Mund, und bist völlig geflasht.
Am nächsten Abend, zur selben Zeit, taucht der Engel wieder auf. Wieder dieses himmlische Eis. Es ist unglaublich. Und du bist wieder völlig hin und weg.
Und am nächsten Tag wieder.
Und dann wieder.

Wie lange wird es dauern, bis du dich an den Engel und sein Eis gewöhnt hast? Ein Monat? Oder zwei?
Ich weiß nicht. Aber irgendwann würden wir uns daran gewöhnen. Ganz bestimmt.
Irgendwann würden wir fragen: Gibt es vielleicht noch eine andere Eissorte?
Oder: Heute war es nicht ganz so lecker.

Irgendwann würde es ganz normal sein, dass der Engel kommt und sein Eis bringt.

So sind wir Menschen. Wir gewöhnen uns an alles.

Stell Dir vor, Du wärst auf einem anderen Planeten geboren. Irgendwo in den Tiefen der Milchstraße. Ein Planet, wo es nur ödes, totes Gestein gibt. Alles grau. Du ernährst dich von irgendeiner völlig geschmacksfreien Flüssigkeit und du kennst überhaupt nichts anderes. Stell dir vor, du würdest dann mit einem Raumschiff den Planeten Erde besuchen: Du siehst blaue Ozeane! Grüne Bäume! Bäche! Vögel singen. Eichhörnchen springen von Ast zu Ast. Du siehst Wiesen mit bunten Blumen! Siehst Äpfel an den Bäumen; Möhren und Kohl, die aus der Erde wachsen.

Und du würdest denken: Wahnsinn! Das ist ja Wahnsinn! So etwas irre Schönes! Das gibt’s doch nicht! Du wärst geflasht und euphorisch wie wenn ein Engel dir himmlisches Eis bringt.

Das ist die Welt, in der wir leben.
Eine Welt, an die wir uns gewöhnt haben, so dass sie uns völlig normal, völlig selbstverständlich vorkommt.
Aber in Wahrheit ist es eine Welt voller Wunder.

Wir gewöhnen uns an alles.
Aus Wundern werden Selbstverständlichkeiten.
Das ist so. So sind wir.

Aber es gibt ein Mittel, die Gewöhnung aufzubrechen.

Das ist der Dank.
Durchs Danken durchbrechen wir den Schleier der Gewöhnung und können die Wunder wiederentdecken. Durchs Danken gehen uns die Augen auf für diese unglaublich schöne, wundervolle Welt und für den Schöpfer, der das alles hervorgebracht hat.

Darum ist die Bibel voller Aufforderungen zum Danken:

„Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich!“
„Sagt Gott Dank allezeit für alles!“
„Seid dankbar in allen Dingen!“

Es gibt in der Bibel ganz viele Aufforderungen zum Danken. Aber es gibt nur wenige Stellen, wo beschrieben wird, wie sich der Dank auswirkt.

Eine Stelle, wo das besonders deutlich rauskommt, möchte ich mir heute mit euch genauer anschauen:

Ps. 50, 23 (Folie 1)
Gott spricht: „Wer Dank opfert, der preiset mich; und da ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes.“

„Wer Dank opfert“… Schauen wir uns erst mal diesen ersten Teil an:

(Folie 2)
Dank opfern – das ist ja eine seltsame Kombination, oder?
Inwiefern ist Dank ein Opfer?

Vielleicht müssen wir erst mal klären, was das nicht bedeutet.
Ein Dank-Opfer ist NICHT etwas, was Gott braucht.

Bei uns Menschen ist das vielleicht anders. Wenn wir jemandem etwas schenken und der bedankt sich nicht, dann sind wir irgendwie verstimmt. Aber so ist Gott nicht. Er braucht unseren Dank nicht, um sich gut zu fühlen.

Und darum ist ein Dank-Opfer auch kein Mittel, um Gott gnädig zu stimmen.
So haben sich das ja die Leute früher in den alten Religionen vorgestellt.
Da gab es auch Erntedank-Feste. Da wurde den Göttern etwas von der Ernte abgegeben, geopfert, mit der Absicht, diese Götter gnädig zu stimmen; ihr Wohlwollen zu bekommen, damit sie auch im nächsten Jahr wieder eine gute Ernte schenken.

Man brachte Gott also das Dank-Opfer mit Kalkül. Das war eine Art Deal: Ich gebe dir etwas, damit du mir etwas gibst. Ich mache dir ein Geschenk, damit du mir die Scheune füllst. Kein schlechtes Geschäft, oder?

Aber solche Deals macht Gott nicht mit. Er lässt sich von uns nicht bestechen oder umschmeicheln.
Das hat Jesus deutlich gemacht. Er hat dieses ganze Opfergeschäft komplett über den Haufen geworfen und hat uns gesagt: Gottes Wohlwollen ist ein reines Geschenk! Das einzige Opfer, das wirklich zählt, das hat er selber gebracht.

Also, Dankopfer kann nicht bedeuten, dass wir Gott etwas geben, um ihn freundlich zu stimmen.
Aber was bedeutet es dann: Dank opfern?

Dank opfern heißt zunächst mal ganz einfach:
Ich gebe meinem Dank Ausdruck.

Ein Dank muss ja irgendwie gezeigt werden, muss Gestalt gewinnen. Ein Dank, der nur innerlich ist, der nur ein diffuses Gefühl ist, ist kein echter Dank.

Echter Dank zeigt sich.
Er zeigt sich in Worten, die ich spreche: Ich danke dir!
Oder er zeigt sich in Gesten: Indem ich jemand die Hand gebe oder mich verbeuge.
Oder auch durch eine Gabe.

Wenn wir beim Café Lichtblick einen Referenten einladen, dann gibt es am Ende ein kleines Geschenk: Ein Glas Honig oder eine Flasche Wein oder so.
Das ist keine Bezahlung, sondern wir drücken mit dieser Gabe unseren Dank aus.

Das Dankgeschenk zeigt: Wir schätzen das sehr, dass Du gekommen bist! Das bedeutet uns viel und ist für uns nicht selbstverständlich!

Dank braucht Ausdruck.

Das gleiche gilt, wenn wir Gott danken.
Wir bringen unseren Dank zum Ausdruck mit Worten, mit einem Gebet, mit einem Loblied: Vielen Dank, guter Gott!
Wir bringen ihn zum Ausdruck mit Gesten: Wir heben die Hände oder beugen die Knie.

Wir können auch unseren Dank zum Ausdruck bringen mit einer kleinen Erntedank-Gabe oder etwas, das wir aufschreiben. Da werden wir gleich praktisch werden.

Dank opfern heißt also erst mal ganz schlicht: Ich gebe meinem Dank Ausdruck.

Aber beim Wort „Dank-Opfer“ schwingt noch mehr mit. „Opfer“ bedeutet ja immer, dass es mich etwas kostet.

Und es ist tatsächlich so: Danken kostet Überwindung.

Es gibt natürlich Momente, wo der Dank einfach so aus dir heraussprudelt. Du hast etwas ganz Wundervolles erlebt, und du kannst gar nicht anders als Gott danken und ihn loben.

Aber das sind besondere Momente. Das ist nicht der Alltag. Im normalen Alltag haben wir eben neben den schönen Sachen auch Sachen, die uns bedrücken: Leute, die uns nerven, Sachen, die schief laufen, Müll, der raus muss und tausend Sachen, die zu erledigen sind. Da fließt der Dank nicht von allein.

Wenn wir im Alltag danken wollen, müssen wir eine gewisse Schwelle überwinden: Die eigene Trägheit und Unlust, die Gedankenlosigkeit.

Danken kostet Überwindung.
Danken kommt ja von Denken. Und Denken strengt ein bisschen an. Es gilt, bewusst die Aufmerksamkeit auf Gott zu richten, bewusst wahrzunehmen und zu reflektieren, was er schenkt. Und dann bewusst das auszusprechen: Danke!

Es ist ganz seltsam: Klagen, Murren und Ärgern – das stellt sich von ganz alleine ein. Dafür musst du dich nicht entscheiden.
Keiner von uns nimmt sich vor: Jetzt will ich aber mal richtig mürrisch sein! Das wirst du von ganz allein.

Dankbar wirst du nicht von allein.
Das passiert nicht einfach so.
Dankbar wirst du nur, wenn du dich dafür entscheidest. Diesen bewussten Schritt gehst.

Darum ist Danke-sagen ein Opfer.

Vielleicht sind manche hier, die sagen sich: Ich weiß gar nicht, ob es Gott wirklich gibt. Ich hab Zweifel. Wie kann man da Gott danken? Dankopfer bringen ist doch nur etwas für Menschen, die einen ganz festen Glauben haben.

Natürlich ist es leichter zu danken, wenn man sich sicher ist, dass es einen Gott gibt. Da geht man den Weg vom Glauben zum Danken.
Aber du musst nicht warten mit dem Danken bis dein Glaube ganz fest ist. Du kannst auch den umgekehrten Weg gehen. Fange doch mit dem Danken an! Bringe dieses Opfer! Sag doch zu Gott: Ich weiß nicht genau, ob es dich wirklich gibt, aber ich merke, dass ich in meinem Leben reich beschenkt bin und mit allen Zweifeln, die ich habe, will ich dir ein Dankeschön sagen!
Es kann passieren, dass wir so über das Danken auch den Glauben finden!

„Wer Dank opfert, der preiset mich…“

Und jetzt geht es in dem Text weiter:

(Folie 3)
„…und da ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes.“

Danken ist also ein Weg.
Ein Weg, auf dem uns Gott sein Heil zeigt, seine Hilfe, sein Wirken.
Auf dem Weg des Dankens verändert sich die Wahrnehmung. Aus Dingen werde Geschenke. Denn „Danke“ sage ich ja, wenn mir etwas geschenkt wird.

Und wenn du anfängst zu danken für die Äpfel an den Bäumen und den Kohl im Garten und für das Essen auf dem Teller und für deine gesunden Glieder und für Sonne und Regen – dann verwandeln sich alle diese Dinge. Aus Selbstverständlichkeiten werden lauter wundervolle Geschenke! Und du hast 10.000 Gründe, zu staunen und dich zu freuen.

Und durch das Danken siehst du noch tiefer. Du entdeckst: Hinter diesen ganzen wundervollen Gaben steckt ein Geber: Gott, der große Schöpfer, der das alles wachsen lässt, der dich jeden Tag mit einer Fülle von Gaben beschenkt.

Wer Dank opfert, der findet Gottes Heil und der wird selber heil.

Danken hat eine enorm heilsame Wirkung!
Es gibt viele psychologische Studien, die das belegen, und die deutlich machen: Danken ist gesund.
Es gibt Lebensfreude und Zufriedenheit und stärkt unsere Resilienz.
Ich habe das x-Mal erlebt, wie Danken meine Stimmung verändert hat. Wie es aus trübsinnigen Gedanken herausführt und froh und positiv macht.
Es ist wirklich so!

Fange an, Gott zu danken – für deinen Körper, von den Füßen bis zum Hirn, für die Bäume und die Vögel, für die Menschen, die dich lieb haben, für das, was in deinem Kühlschrank ist – fange an, dafür zu danken und du wirst merken, wie sich deine Stimmung aufhellt!

Das heißt ja nicht, dass wir die Augen vor den anderen Dingen verschließen. Es gibt vieles in der Welt, das nicht gut ist, wo man nur klagen kann. Und es gibt sicher auch in deinem Leben manches, was schwer ist, wofür man nicht danken kann, sondern wo Klage und Trauer ihren Platz hat.

Aber entscheidend ist, dass wir uns von den dunklen Dingen in unserem Leben nicht den Blick verstellen lassen für die Fülle an guten Gaben, die uns täglich geschenkt werden.

„Wer Dank opfert, der preiset mich; und da ist der Weg, dass ich ihm zeige das Heil Gottes.“
Wir tun das heute im Erntedank-Fest.
Das feiern wir einmal im Jahr.
Wenn du aber die heilsame Wirkung des Dankens erfahren willst, dann kommt es darauf an, dass Dankbarkeit eine Haltung wird.
Und eine Haltung wird Dankbarkeit, indem du dieses Danke-sagen regelmäßig praktizierst.

Zum Beispiel in Form eines Tischgebets: Danke, lieber Gott, für dieses Essen! Amen.

Oder abends vor dem Einschlafen: Aufzählen, was dir Gutes widerfahren ist, wofür du dankbar sein kannst.

Dank opfern als tägliche Übung.
So wird das Danken zu einer Haltung der Dankbarkeit und so kann unser Leben ein Stück weit heil werden, so können wir Gottes Heil entdecken und uns daran freuen.

Und das ist fast so gut wie das Eis, das der Engel dir bringt.

Und der Friede Gottes …

Amen.