Predigt, 5.9.2021 (1Thess 5, 16-18)

5.9.2021

J.Berewinkel

Predigt, 5.9.2021 1Thess 5, 16-18 Liebe Geschwister, manchmal gerät man in einen Teufelskreis. In der Politik kann man das schon mal beobachten. Da gibt es Menschen, die wollen ...

Predigt, 5.9.2021 1Thess 5, 16-18

Liebe Geschwister,
manchmal gerät man in einen Teufelskreis.
In der Politik kann man das schon mal beobachten. Da gibt es Menschen, die wollen gerne ins Kanzleramt. Sie strengen sich an, machen Wahlkampf. Es läuft gut. Aber dann passiert ihnen ein Fehler. Irgendeine dumme Sache. Die Presse stürzt sich darauf. Die politischen Gegner schlagen drauf. Der Kandidat oder die Kandidatin ist verunsichert, versucht krampfhaft Fehler zu vermeiden. Aber da ist jetzt Angst und Nervosität. Und gerade dadurch passieren neue Fehler, die einen noch tiefer runterziehen.
Ein Teufelskreis.

Und ähnliche Sachen kennen wir ja auch.
Bei der Arbeit geht irgendwas schief. Du bist verärgert, kommst mit mieser Laune nach Hause. Die schlechte Stimmung lässt du an deinen Kindern aus oder am Partner. Ein Streit eskaliert. Man verletzt sich. Dich regt das so auf, dass du nachts nicht schlafen kannst. Völlig übermüdet und mit einer dunklen Wolke im Kopf geht’s du am nächsten Tag zur Arbeit. Und prompt geht da wieder was schief. Ein Teufelskreis.

Oder jemand ist unzufrieden – mit sich, mit dem eigenen Gewicht, mit der Lebenssituation. Man gerät in so ein Selbstmitleidsloch. Dann tröstest du dich mit Schokolade oder Pizza oder Alkohol. Am nächsten Morgen geht’s du auf die Waage, hast wieder ein Kilo mehr und bist noch unzufriedener. Ein Teufelskreis.

Da gibt es also Kreisläufe, die uns immer tiefer runterziehen. Die destruktiv sind und Unheil bringen. Ich glaube, so etwas kennt jeder von uns.

Es gibt aber auch andere Kreisläufe. Positive Kreisläufe, die uns nach oben ziehen.

Der Apostel Paulus skizziert so einen Kreislauf in dem Predigttext, der für diesen Sonntag vorgeschlagen ist. Es ist ein Abschnitt aus einem Brief, den Paulus an die Gemeinde in Thessalonich geschrieben hat, 50 nach Christus. Es ist der erste Brief von ihm und das älteste Dokument im Neuen Testament. Paulus hatte die Gemeinde erst einige Monate vorher gegründet. Die Leute da waren ganz frisch Christen geworden, aus dem Heidentum heraus. Die hatten viel Begeisterung, aber auch eine Menge Fragen. Zum Abschluss in seinem Brief gibt Paulus der Gemeinde noch eine ganze Serie von kurzen Ermahnungen und Ermutigungen auf den Weg. Da skizziert er, wie sich der Glaube an Jesus im Leben auswirkt.
Aus dieser Liste will nur mal drei ganz kurze Sätze herausgreifen.

1. Thess 5, 16-18:
„Seid allezeit fröhlich!
Betet ohne Unterlass!
Seid dankbar in allen Dingen!“

Drei Mal geht’s um’s Ganze.
Nicht: Seid auch mal fröhlich!
Betet ab und an!
Seid hin und wieder mal dankbar.
Sondern „allezeit“, „ohne Unterlass“, in allen Dingen!

Erst mal denkt man da:
Das ist doch unmöglich:
Immer fröhlich sein! Immer beten! Immer danken! Das kann kein Mensch!
Na klar. Das stimmt. Das ist ein Ideal, das keiner so erreicht.

Und wenn man diese Sätze als moralischen Appell hört – Du musst das jetzt so schaffen! -, dann kann das leicht so einem großen Krampf werden.

Es gab ja Christen, die haben versucht, diese Sätze ganz radikal umzusetzen. In der frühen Christenheit ist die Mönchsbewegung aus diesem Grund entstanden. Die wollten ohne Unterlass beten. Sie hatten dann sechs, sieben Gebetszeiten am Tag, sind nachts um 4 Uhr aufgestanden und haben sich zur Vigil in der Kirche gequält. Ich kann mir vorstellen, dass in solchen Momenten auch bei den frömmsten Mönchen die Freude und Dankbarkeit ein bisschen hinten runter gefallen ist.

Wenn wir diese Aufforderungen als moralische Appelle verstehen, wird es ziemlich krampfig.
Aber ich glaub, Paulus sagt das nicht mit erhobenem Zeigefinger. „Loss, strengt euch an! Ihr müsst das schaffen!“
Sondern er öffnet da einen Raum:
Das ist möglich!

Ihr könnt immer beten!
Ihr könnt jederzeit dankbar sein und allezeit fröhlich!

Denn zwischen diesen 3 Dingen besteht ein Zusammenhang.
Da kann ein Kreislauf entstehen, ein heilsamer Kreislauf, der uns nach oben zieht.

Fangen wir mal mit dem Beten an.

(Bild 1)
„Betet ohne Unterlass!“
Und jetzt nehmen wir das mal nicht als moralischen Appell, sondern als eine Tür, die uns offensteht.
Ihr könnt immer im Gespräch sein mit Gott, weil Gott immer da ist. Immer ansprechbar ist.

Wir haben vor einigen Jahren Urlaub in Israel gemacht und sind da ein paar Tage am Roten Meer gewesen. Das war super. Da gibt es traumhaft schöne Korallen und bunte Fische. Und mit einer Taucherbrille kann man das wunderbar beobachten. Das ist grandios.

Am ersten Tag hatte ich vergessen, meinen Schnorchel mit ans Meer zu nehmen. Da bin ich dann so ins Wasser gegangen, tief Luft geholt, untergetaucht, möglichst lange unter Wasser geblieben und schnaufend wieder hochgekommen.
Es war auch schön, aber etwas anstrengend.
Am nächsten Tag hatte ich den Schnorchel dabei. Ein einfacher Schnorchel und es war total entspannt. Man konnte sich diese Unterwasserwelt in aller Ruhe anschauen, die Fische beobachten, die Korallen. Und gleichzeitig atmen. Über den Schnorchel war man immer mit der Welt über dem Wasser verbunden und konnte Luft aufnehmen.

Jemand sagte mal: Beten ist das Atmen der Seele. So wie ich über den Schnorchel mit der Welt über dem Wasser verbunden bin, so bin ich im Gebet mit der unsichtbaren Welt verbunden, mit Gott, dem Spender des Lebens.

„Betet ohne Unterlass!“ heißt: Bleibt in dieser Verbindung mit Gott!
Ihr müsst nicht, wenn ihr morgens gebetet habt, den ganzen Tag die Luft anhalten bis das Abendgebet kommt! Ihr könnt wie ein Schnorchler immer im Gespräch mit Gott sein: Euren Frust, eure Sorge vor ihm ausatmen und neue Energie, Mut und Zuversicht einatmen.

Und das mitten im Alltag.
Auf der Autofahrt. Am Schreibtisch. Wenn man die Blumen gießt oder den Abwasch macht. Ein kurzes Stoßgebet. So selbstverständlich wie wir atmen.

„Betet ohne Unterlass!“ – das ist eine Chance und Möglichkeit.

Und daraus erwächst dann das zweite:

(Bild 2)
„Seid dankbar in allen Dingen!“
Wenn wir immer im Gespräch mit Gott sind, können wir alles mit Gott in Verbindung bringen.
Dann sehe ich ja: Er ist der Schöpfer. Und alles, was ich habe, kommt aus seiner Hand, ist sein Geschenk.

Dass die Sonne aufgeht und Wärme bringt,
dass Blumen blühen und Früchte reifen, dass Hühner Eier legen, dass ich Tomaten im Garten ernten kann, dass mein Herz schlägt und ich gute Luft einatme, dass es Menschen gibt, die mich lieben und die ich liebe, dass der Kühlschrank voll ist und man bei ALDI genug Nachschub kriegt, den ich sogar bezahlen kann.

Ich kann diese ganzen Sachen als normal hinnehmen und als Selbstverständlichkeiten. Und dann wird man schnell unzufrieden und meckert, weil die Schlange beim ALDI zu lang ist oder weil die Tomaten im Garten noch grün sind, weil zu wenig Sonne da war.

Aber wenn ich alle diese Dinge mit Gott zusammensehe, dann sehe ich, dass nichts davon selbstverständlich ist, dass das alles Geschenke sind, die der Schöpfer mir macht. Und dann hab ich jede Menge Grund zu danken.

Ein Detail ist hier aber noch wichtig. Paulus sagt nicht: Seid dankbar für alles! Sondern: Seid dankbar in allen Dingen, das heißt: In allen Lebensumständen, in allen Situationen.

Wir können nicht für alles danken.
Wir können nicht für ein Hochwasser danken oder für eine Krebserkrankung. Das wäre pervers.
Es gibt Dinge in dieser Welt und in unserem Leben, die sind schlimm. Und da gibt es auch nichts schönzureden.
Die Bibel ist ja ein sehr nüchternes Buch. Und die macht klar: Wir leben nicht mehr im Paradies, sondern jenseits von Eden. Wir leben in einer Welt, die gefallen ist, wo ein Riss entstanden ist zwischen uns und Gott und wo Dinge passieren, die Gott nicht will. Warum das so ist, das ist sehr rätselhaft. Es hat etwas damit zu tun, dass Gott uns Freiheit geschenkt hat und wir Menschen uns entschieden haben, zu Gott auf Distanz zu gehen. Da liegt ein Schatten über unserer Welt und bringt Schuld und Leid mit sich. Dafür können wir nicht danken.

Aber Paulus sagt, wir können uns einüben, in allen Lebenslagen dankbar zu sein. Also auch, wenn die Hüfte schmerzt oder man eine schlechte Note in der Schule hatte oder es gerade Ärger mit einem Kollegen gibt.

Dankbar in allen Dingen – das heißt: Ich blende die negativen Dinge nicht aus, aber ich nehme bewusst die vielen positiven Dinge wahr, die Gott mir heute schenkt. Ich lasse mich von den 10%, die negativ sind, nicht bestimmen, sondern richte den Fokus auf die 90%, die gut und erfreulich sind.

Und indem ich das tue, komme ich zum dritten Element, zur Freude:

(Bild 3)
„Seid allezeit fröhlich!“

Das heißt natürlich nicht, dass wir ständig mit einem Grinsen durch die Gegend laufen sollen. Sondern Paulus sagt den Thessalonichern und uns: Ihr habt allezeit Grund zur Freude!

Denn wenn wir immer im Gespräch mit Gott sind und alles mit Dankbarkeit aus seiner Hand nehmen, dann merken wir, dass wir jeden Tag reich beschenkt werden.

Die Dankbarkeit führt zur Freude.
Wenn wir Gott danken, dann verändert das die Stimmung.

Ich habe das schon x-mal erlebt, dass ich irgendwie in schlechter Stimmung war, ein dunkle Wolke hat sich im Kopf festgesetzt. Und dann bin ich rausgegangen. Hab einen Spaziergang gemacht und hab angefangen, Gott für die kleinen Dingen zu danken, für die hundert Selbstverständlichkeiten. Und im Vollzug des Dankens hat sich die Stimmung spürbar gelichtet, die Wolke löste sich auf und Freude hat sich breit gemacht.

Wir können aussteigen aus den Teufelskreisen, die uns runterziehen und einsteigen in einen Segenskreis:

Ich entscheide mich, das Gespräch mit Gott aufzunehmen.
Und indem ich meinen Alltag mit Gott verbinde, fange ich an zu danken.
Und so entdecke ich, wie ich beschenkt werde und werde froh.
Und die Freude führt mich wieder ins Gespräch mit Gott, ins Danken und von da erwächst neue Freude.

Gleich werden wir das Abendmahl feiern.
Da kommt uns Jesus in besonderer Weise nahe.
Da beschenkt er uns mit seiner Nähe, zeigt uns seine Liebe. Und wir können ihm danken und uns an ihm freuen.

Uns so finden wir vielleicht den Einsteig in einen Kreislauf des Segens.
Amen.