Predigt, Ostern 2023 1 Kor 15, 1-11

9.4.2023

J.Berewinkel

Liebe Geschwister, wir werfen heute morgen einen Blick in die Gemeinde in Korinth. Es ist Ostern. Die Leute kommen gerade zum Gottesdienst zusammen. (F 1: Haus) Sie treffen sich ...

Liebe Geschwister,
wir werfen heute morgen einen Blick in die Gemeinde in Korinth.
Es ist Ostern. Die Leute kommen gerade zum Gottesdienst zusammen.

(F 1: Haus)
Sie treffen sich bei Claudius, einem Kaufmann. Der hat ein großes Haus. So eins wie wir hier auf dem Bild sehen. Hausgottesdienst.
Da kommt Nikor ins Haus, ein treuer Mensch aus der Gemeinde, und begrüßt Claudius:

(F2: Textblase 1)
„Der Herr ist auferstanden!“
„Wahrhaftig ist er auferstanden!“
„Und wir mit ihm! Wie schön, dass wir heute Ostern feiern können.“
„Ja, ja, das ist ein schöner Brauch. Wobei – wenn ich ehrlich sein soll – ich kann mit diesem ganzen Ostergerede nicht so viel anfangen.“
„Was?? Aber – das ist doch das Zentrum unseres Glaubens.“
„Ich weiß nicht. Ich bin Christ geworden, weil ich Jesus so inspirierend finde. Die Liebe, die er gepredigt hat. Darum geht es doch; um das Leben jetzt und hier. Nicht um irgendwelche Spekulationen, was nach dem Tod ist.“
„Aber Claudius – ich, ich … Glaubst du gar nicht an die Auferstehung der Toten?“
„Ach, das ist doch eher ein Symbol. Auferstehung – das heißt für mich: Das Leben geht weiter. Man kann immer wieder neu anfangen. Man kann immer hoffen.
(F. Textblase 2)
Aber dass tote Leute wieder lebendig werden – nein. Tut mir leid, das ist doch eine Zumutung für den Verstand.“

Inzwischen ist Sophia in den Raum gekommen, die Frau von Claudius. Sie tritt nun zu ihrem Mann.
„Ach, Schatz, du und dein Verstand! Als würde nur das möglich sein, was dein Verstand sich vorstellen kann.“
Nikor ist etwas erleichtert: „Na, Sophia, immerhin glaubt einer in eurer Familie an die Auferstehung.“
„Na ja, Nikor“, sagt Sophia, „ich glaube das schon irgendwie.

(F: Textblase 3)
Was ich mich nur frage ist: Was hat das alles mit mir zu tun?“

Nikor überlegt. Was hatte Paulus ihnen noch erzählt über Jesus und die Auferstehung? Es ist schon viele Monate her, dass Paulus bei ihnen war und die Gemeinde gegründet hatte. Er hatte damals immer wieder von Ostern gesprochen. Aber wie war das noch?? So richtig kann er sich nicht mehr erinnern.

Ach, ich werde Paulus einmal schreiben und ihm erzählen von unserer Diskussion.
Und so setzt er sich hin und schreibt Paulus und bittet ihn um Klärung.

Ihr Lieben, ich weiß natürlich nicht, ob das Gespräch in Korinth wirklich so abgelaufen ist.
Tatsache ist, dass es kontroverse Diskussionen gab zum Thema Auferstehung und dass einige in der Gemeinde überzeugt waren:
Auferstehung gibt es nicht.

Und Tatsache ist, dass Gemeindeglieder den Paulus darüber informiert haben und um Klärung gebeten haben.
Und so kommt ein paar Wochen später tatsächlich ein Brief von Paulus an. Der erste Brief an die Korinther. Und da schreibt er ein ganzes Kapitel über diese Thematik.

Stellen wir uns einmal vor, wir sind die Gemeinde in Korinth und hören nun die Worte von Paulus, den Anfang dieses Kapitels:

Lesung 1. Kor 15, 1-11

Das, was ich gerade gelesen habe, ist nur der Anfang von diesem Kapitel. Paulus schreibt da noch eine Menge über die Auferstehung der Toten und warum das für uns wichtig ist und so.
Hier in diesen ersten Sätzen fängt er ganz grundsätzlich an. Ehe er über unsere Auferstehung spricht, schreibt er über Jesus und seine Auferstehung.

Man kann diesen Text hier in 3 Abschnitte einteilen:

1. Eine kurze Nachricht.
2. Eine lange Liste
3. Ein missratener Apostel

(F. )
1. Eine kurze Nachricht

Paulus erinnert die Korinther an die Gute Nachricht, an die Botschaft, die er ihnen gepredigt hatte, als vor einigen Monaten bei ihnen gewesen war.
Und er sagt: Ihr habt diese Nachricht angenommen, darauf fußt euer Glaube. Diese Nachricht rettet euch.

Und dann fasst er in V. 3-4 diese Gute Nachricht in zwei ganz knappen Sätzen zusammen:

„Christus ist für unsere Sünden gestorben, wie es in der Heiligen Schrift steht. Er wurde begraben und am dritten Tag auferweckt, wie es in der Heiligen Schrift steht.“

Wenn man sich diese Formulierungen im griechischen Original genauer anguckt, dann sieht man, dass das eine sehr geprägte Sprache ist, eine Bekenntnissprache.
Die Fachleute gehen davon aus, dass Paulus hier ein sehr altes Bekenntnis aufgreift.
Er sagt ja, dass er das selbst als Überlieferung empfangen hat.
Es ist ein Bekenntnis, das möglicherweise auf die Urgemeinde in Jerusalem zurückgeht.

In diesem Bekenntnis steckt also der Kerngehalt des christlichen Glaubens.
Und dieser Kern besteht darin, dass etwas passiert ist:

Christus ist gestorben für unsere Sünden und wurde begraben. Und er wurde auferweckt am dritten Tag.

Beim christlichen Glauben geht es also in erster Linie nicht um eine bestimmte Moral. Es geht nicht um eine Weltanschauung, um eine besondere Gottesauffassung.
Sondern es geht um etwas, das passiert ist, das geschehen ist in Raum und Zeit an einer bestimmten Person.

Allerdings – das, was damals mit Jesus passiert ist, ist nicht einfach Vergangenheit, sondern es hat grundstürzende Konsequenzen für uns heute, für unsere Gottesauffassung, für unsere Sicht auf unser Leben, auf diese Welt, auf, unsere Moral und alles.
Was damals mit Jesus passiert ist, das verändert alles. Es ist eine echte Zeitenwende:
Gott erfüllt seine Verheißungen, die in der Heiligen Schrift stehen.
Er versöhnt uns mit sich und vergibt die Sünden.
Er besiegt den Tod und macht den Himmel offen.
Er schenkt uns Liebe und Hoffnung, die über den Tod hinausgeht.

Und das alles, diese ganze Fülle, hängt an dem, was damals mit Jesus passiert ist.

Aber woher wissen wir denn, dass das auch stimmt?

Paulus argumentiert hier nicht mit logischen Argumenten, sondern mit einer langen Liste von Zeugen. Damit sind wir beim zweiten Abschnitt:

(F:)
2. Eine lange Liste von Zeugen

Sie erinnern sich noch an Claudius, dieses Gemeindeglied in Korinth. Der sagte: Auferstehung von den Toten – kann es gar nicht geben. Das ist doch eine Zumutung für den Verstand.

Wenn Paulus jetzt in Korinth wäre, dann würde er Claudius sagen: Das mag ja eine Zumutung sein. Es mag sein, dass das unser Denken auf den Kopf stellt und unsere Erfahrung. Es ist aber passiert. Es ist eine Tatsache. Denn es gibt Zeugen.

Zeugen braucht man bei Prozessen.
Wenn eines Tages – hoffentlich – Wladimir Putin vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag erscheinen muss und ein Prozess gegen ihn eröffnet wird, dann wird man da Zeugen aufrufen. Zeugen, die etwas gesehen haben. Die etwas erlebt haben.
Da wird man nicht Leute befragen, die irgendwas in der Zeitung gelesen haben. Sondern man wird Menschen suchen, die etwas Konkretes gesehen und miterlebt haben, das sie bezeugen können.
Bei Prozessen im Gericht geht es meistens um negative Dinge, die bezeugt werden, um Verbrechen oder Unfälle.

Die Zeugen, die Paulus hier aufführt, die bezeugen keine Untaten eines Verbrechers, sondern eine Großtat von Gott.

Sie werden als Zeugen genannt, denn sie haben etwas gesehen und erlebt. Sie stehen dafür ein, dass Christus wirklich auferstanden ist.

Merkwürdig ist:
In dieser Auflistung werden nicht die Frauen erwähnt.
In den Evangelien wird ja berichtet, dass es Frauen waren, die als erstes das leere Grab entdecken. Und bei Matthäus und Johannes wird berichtet, dass sie etwas später Jesus als Auferstandenen gesehen haben. Sie waren auch Zeugen der Auferstehung.

Dass Paulus sie hier nicht erwähnt, hat wahrscheinlich seinen Grund darin, dass nach Römischem Recht Frauen nicht als Zeugen vor Gericht zugelassen waren. Es war eben eine arg patriarchalische Gesellschaft.
Paulus nennt darum nur Leute, die auch in der Öffentlichkeit als Zeugen hätten auftreten können.

Er nennt als erstes Kephas, das ist der aramäische Name für Petrus. Der hat Jesus gesehen als Auferstandenen. Dann die zwölf Apostel.

Dann wird es interessant: Er wurde von 500 Brüdern und Schwestern (im Grundtext stehen nur die Brüder) auf einmal gesehen. Die Evangelien berichten uns nichts davon. Aber Paulus weiß offenbar, was das für Leute sind. Vielleicht kennt er einige von ihnen persönlich. Er weiß: Jetzt, wo er diesen Brief schreibt, da leben die meisten von ihnen noch. Die Auferstehung liegt zu der Zeit schon mehr als zwanzig Jahre zurück und einige von diesen Leuten sind inzwischen verstorben. Aber die meisten leben noch.

Und damit sagt er ja den Skeptikern in Korinth: Die sind noch da. Ihr könnt hinfahren nach Israel und sie befragen. Wenn es euch interessiert, kann ich euch die Kontaktdaten zuschicken. Fragt sie ruhig!

Dann erwähnt er noch Jakobus, den Bruder von Jesus, und noch andere Apostel.

Eine lange Liste von Zeugen.
Alle diese Menschen, die hier aufgezählt sind, haben den auferstandenen Jesus gesehen. Er hat sich ihnen gezeigt. Und sie alle stehen dafür ein: Ja, das ist wahr. Wir können es selbst nicht fassen. Wir verstehen nicht, wie das gehen konnte. Aber es ist wahr. Der Herr ist wirklich auferstanden.

Und dann – am Ende dieser Liste steht Paulus selbst.

Damit sind wir beim dritten Abschnitt:
(F.)
3. Ein missratener Apostel

Ich weiß nicht, was Claudius, unser Skeptiker aus Korinth, zu dieser Zeugenliste gesagt hätte.
Ich weiß auch nicht, was Sie davon halten.
Ich nehme an: Manche von uns tun sich schwer mit Ostern. Man will ja schließlich nicht naiv sein. Und die Vorstellung, dass ein toter Jesus wahrhaftig auferstandenen ist, zu einem neuen Leben auferweckt ist – das ist ja nun wirklich etwas, woran man sich als rationaler Mensch reiben kann.

Wenn man dann so eine Zeugenliste hört, dann kommt der Gedanke auf: Na ja, das waren ja alles Anhänger von Jesus gewesen. Die wünschten sich ja nichts mehr als dass er wieder da ist. Und wir wissen doch heute, wie uns die Phantasie Streiche spielen kann, wie wir uns Dinge einreden können. Kann das nicht alles Autosuggestion sein?
Na klar. Das könnte sein. Man könnte es sich so zurechtlegen.

Aber jetzt kommt der Paulus und da passt das mit der Autosuggestion hinten und vorne nicht.

Paulus hatte überhaupt keine Sympathien für Jesus gehabt. Er war sich total sicher, dass Jesus nur ein Hochstapler ist und ein Gotteslästerer, dass er völlig zu Recht hingerichtet worden ist. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Anhänger von Jesus auszurotten und diesen Irrglauben zu vernichten. Er schreibt es ja auch hier, dass er die Gemeinde Gottes verfolgt hat.

Und dann ist etwas passiert, das seine Sicht von Jesus total verändert hat. Was seine Einstellung zu Jesus völlig auf den Kopf gestellt hat.
Es war vor Damaskus. Paulus war auf dem Weg da hin, um die Christen gefangenzunehmen. Und da hat sich Jesus als Auferstandener dem Paulus gezeigt.

Was da ganz genau passiert ist, das ist ziemlich geheimnisvoll. Paulus sah ein Licht am Himmel, er hörte eine Stimme – es war so krass, dass er vom Pferd fiel und völlig geblendet war. Und mit einem Schlag wusste Paulus, dass dieser Jesus nicht im Grab verwest ist, sondern quicklebendig ist, dass er es ist, der ihn da gerade anspricht aus der anderen Welt.

Das ist ein wichtiger Punkt.
Es fällt uns Menschen ja nicht leicht, zuzugeben, dass wir uns geirrt haben. Wir sehen es bei Politikern, wir kennen es auch von uns selber – eingestehen, dass wir falsch liegen, dass wir eine falsche Einschätzung hatten – das ist richtig schwer. So lange es geht, biegen wir uns doch die Sachen so hin, dass wir im Recht bleiben.

Dem Paulus wird es genau so gegangen sein. Er war völlig überzeugt, im Recht zu sein. Er war sich so sicher, dass er Gott einen Gefallen tut, wenn er diese Irrlehrer beseitigt. Er hat sich bestimmt mit Händen und Füßen gegen die Einsicht gewehrt, dass das Jesus ist, der ihm da begegnet.
Wenn Paulus irgendeine Chance gehabt hätte, das anders zu deuten, dann hätte er es auch getan.

Aber das konnte er offenbar nicht.
Das, was er da erlebt hat, war so massiv, so eindeutig, so klar, dass es da keine Ausflüchte gab.
Diese Stimme, dieses Licht – das kam von Jesus.
Und damit ist für ihn klar: Er lebt. Er ist auferstanden.

Und so wird Paulus sein Apostel, sein missratener Apostel, der das eigentlich überhaupt nicht verdient hat. Und ein Zeuge der Auferstehung und zwar ein Zeuge von hoher Glaubwürdigkeit.

(F: Haus)

Der Gottesdienst in Korinth ist zu Ende. Der Brief von Paulus war vorgelesen worden. Jetzt ist noch Kirchenkaffee im Haus von Claudius.
Claudius und Sophia stehen mit Nicor zusammen und reden.
„Na ja“, sagt Claudius ein bisschen widerwillig, „vielleicht ist da doch mehr dran als ich dachte, an dieser Sache mit Ostern.“

„Ja, das glaube ich ja auch“, sagt Sophia, „aber was hat das denn jetzt mit uns zu tun, was damals mit Jesus passiert ist?“

„Das ist doch klar“, sagt Nicor. „Wenn Jesus auferstanden ist, dann hat das riesige Konsequenzen für unser Leben heute!“

Wenn Jesus auferstanden ist und lebt,
dann ist er ja da, jetzt und hier, und du bist nie allein
(F: Du bist nie allein)

Wenn er auferstanden ist und lebt,
dann ist auch für uns der Tod nicht das Ende. Wir brauchen vor dem Tod keine Angst mehr haben.
Es gibt Leben und Hoffnung über den Tod hinaus.
(F: Der Tod ist nicht das Ende)

Und dann noch etwas:
Wenn Jesus auferstanden ist und lebt, dann können wir ihn heute erfahren. Dann glauben wir an ihn nicht nur, weil andere uns etwas erzählt haben, sondern weil wir selber etwas mit ihm erfahren haben.
(F: Du kannst Zeuge werden)

Und dann können wir selber auch seine Zeuge werden und es anderen weitersagen:

Der Herr ist auferstanden.
Er ist wahrhaftig auferstanden.

Amen.