Predigt, 19.11.2023 Röm 12, 21 (Volkstrauertag; Konfi-Begrüßung)

21.11.2023

J.Berewinkel

Ihr Lieben Ich möchte heute mit euch über einen Satz nachdenken, den Paulus einmal formuliert hat: Paulus schreibt im Römerbrief: (F: Röm 12,21) „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern ...

Ihr Lieben
Ich möchte heute mit euch über einen Satz nachdenken, den Paulus einmal formuliert hat:
Paulus schreibt im Römerbrief:

(F: Röm 12,21)
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden,
sondern überwinde das Böse mit Gutem“.
(Röm 12, 21)
Der Satz beschäftigt mich schon eine ganze Weile, weil er so genau in unsere Zeit hineinspricht. Und weil er so unverschämt herausfordernd ist.

(F: Viren)
Es schwirren ja gerade ziemlich viele Viren durch die Luft: Coronaviren, Grippeviren, ganz normale Erkältungsviren.
Viren sind wirklich fies. Die verbreiten sich so wahnsinnig schnell. Die kommen durch jede Ritze und stecken jeden an. Sobald du diesen Viren zu nahe kommst, fängst du sie dir ein.
Und das Schlimme ist: Wer Opfer ist, wird sofort zum Täter. Kaum hast du die Viren aufgeschnappt, gibst du sie auch schon weiter. Wirst selber zum Verursacher neuer Erkrankungen.

Mit dem Bösen ist das wie mit Viren.
Das Böse geht um. Es dringt überall ein: In jedes Land, in jedes Haus. Es kommt durch alle Ritzen und es steckt alle an. Wer dem Bösen zu nahe kommt, wird infiziert und steckt andere an. Und so breitet es sich aus.

Das Böse ist wie ein destruktiver Erreger. Es zerstört Freundschaften. Es vernichtet Vertrauen und Liebe. Es bringt Misstrauen, Hass und Gewalt hervor. Es fügt unserem Globus allerschlimmsten Schaden zu. Und es ist scheinbar nicht zu stoppen.
Keiner ist immun.
Es gibt keinen Impfstoff.
Und es breitet sich weiter aus.

Wir sehen das gerade im Großen: Wie sich in Israel und im Gazastreifen das Böse ausbreitet. Wie der Hass auf beiden Seiten immer schlimmer wird. Und durch jede neue Bombe, durch jeden weiteren Toten eskaliert die Wut.

Das Böse steckt an.
Das gleiche Phänomen erleben wir im kleinen Maßstab auch in unserem Alltag:

Da ist ein Mitschüler, der eine fiese Bemerkung zu dir macht. Und dieses Fiese löst in dir den fiesen Gedanken aus: Dem werde ich es heimzahlen. Und bei der nächsten Gelegenheit bist du auch ziemlich fies zu ihm. Das Virus hat dich angesteckt.

Oder du hast eine Kollegin im Büro und bemerkst, dass sie dir misstraut und deine Worte in Frage stellt. Und dieses Misstrauen löst sofort in dir dasselbe Misstrauen aus. Was hat die nur für eine Absicht? Will sie mir schaden? Ich muss vorsichtig sein!

Oder dein Chef ist gereizt und diese Gereiztheit überträgt sich sofort auf dich und deine Kollegen.

Jedes Böse, das uns trifft, löst sofort etwas Ungutes in uns aus! Es steckt an.

Das Böse ist wirklich rätselhaft.
Es ist kaum zu begreifen.
Die Philosophin Hannah Ahrens hat intensiv über das Böse nachgedacht und stellt fest, dass die Philosophie es nicht erklären kann und es meistens verharmlost.

In der Bibel wird das Böse auch nicht theoretisch erklärt, aber es wird nüchtern wahrgenommen und sehr ernst genommen: Ja, das Böse ist eine Realität. Es gibt diese dunkle, rätselhafte Macht. Und dieses Böse ist nicht einfach soziologisch zu erklären nach dem Motto: Gebt den Menschen nur gute soziale Rahmenbedingungen, dann werden alle gut. So einfach ist es nicht.

Denn es ist ja wirklich seltsam: Eigentlich will niemand böse sein. Oder kennt ihr Menschen, die böse sein wollen? Vielleicht gibt es ja solche, deren Seele so deformiert ist, dass sie tatsächlich böse sein wollen. Aber ich glaube, das ist eine winzige Minderheit. Die allermeisten Menschen wollen eigentlich gut sein, jedenfalls gut in ihrem Sinne.

Und die meisten Menschen würden Paulus beim ersten Satzteil zustimmen: Ja, genau, wir wollen uns nicht vom Bösen überwinden lassen. Wir wollen das Böse überwinden. Wir wollen es besiegen.

Aber das Böse lässt sich nicht so leicht besiegen. Es ist viel tückischer als wir denken, und es steckt uns viel, viel schneller an, als wir es für möglich halten.

Menschen wollen das Böse besiegen, aber statt es wirklich zu besiegen, werden sie von ihm besiegt.

Ich denke, dass auch die Kämpfer der Hamas den Anspruch haben, gegen das Böse zu kämpfen. Aber in Wirklichkeit breiten sie mit ihrem Terror das Böse nur aus.
Und die Soldaten, die jetzt die Hamas bekämpfen, die wollen diesen bösen Terror besiegen. Aber damit machen Sie den Hass und die Wut und die Gewaltbereitschaft auf der anderen Seite nur noch größer.

Bitte versteht mich da nicht falsch. Ich will nicht die Gewalt der Terroristen und die Gewalt der israelischen Armee in einen Topf werfen. Israel hat das volle Recht sich zu verteidigen. Und sie kämpfen gegen einen Gegner, der sich hinter den eigenen Zivilisten versteckt, der sogar will, dass Frauen und Kinder umkommen, weil das für die Propaganda gut ist. Gegen so einen Gegner kann man keinen sauberen Krieg führen.

Man kann auch als Regierung nicht einfach zulassen, dass die Hamas weiter die Bevölkerung mit Raketen bombardiert. Die müssen sich verteidigen. Und es ist schlimm, dass auf unseren Straßen dieser Krieg zum Anlass genommen wird, antisemitische Stimmungen zu verbreiten.

Was Paulus hier sagt, das ist keine Anleitung, die man so eins zu eins auf das politische Handeln übertragen kann. Nicht in Israel und auch nicht bei uns.
Ein Staat muss die Bevölkerung vor dem Bösen schützen und dazu auch Gewalt anwenden.
Das ist nötig, leider. Es ist nötig, um das Böse etwas einzuhegen, um ihm Grenzen zu setzen.

Aber man wird auf diese Weise das Böse niemals besiegen.

Aber wie dann?
Wie kann man verhindern, dass sich dieses Virus immer mehr ausbreitet, dass es mich selbst ansteckt und ich dann wieder andere anstecke?

(F: Virenbild + Text)
Überwinde das Böse mit dem Guten! Besiege es mit dem Gegenteil!

Ich reagiere auf Unfreundlichkeit mit Freundlichkeit, auf Lüge mit Wahrheit, auf Gereiztheit mit Sanftmut, auf Engstirnigkeit mit Gelassenheit und auf Gehässigkeit mit Humor.

Aber jetzt fragt Ihr natürlich: Mensch, wie soll ich das denn schaffen? Ist das nicht eine totale Überforderung? Das ist doch unmöglich, so zu leben.

Das stimmt. Wir sind damit wirklich überfordert. Wir sind einfach zu anfällig für dieses böse Virus. Das Böse mit Gutem besiegen – das ist nichts, was wir uns heute am Volkstrauertag mal einfach so vornehmen können und dann künftig immer so machen können. Damit würden wir uns ziemlich überschätzen.

Ich glaube, dass die Überwindung des Bösen nur durch Jesus möglich ist. Jesus, der menschgewordene Gott. Er hat sich in keiner Situation vom Bösen infizieren lassen. Er hat so viel Böses erlebt. So viel Gemeinheit. Leid. Bosheit. Verrat. Feigheit. Lüge und Gewalt. Aber er ließ sich davon nicht anstecken. Es ist nicht in ihn eingedrungen. Er ist durch das Böse nicht böse geworden, sondern hat es überwunden. Auf die Intrigen und Fallen der Sadduzäer und Pharisäer hat er mit Wahrhaftigkeit reagiert. Den Spott der Soldaten hat er ins Leere laufen lassen, indem er dazu geschwiegen hat. Die Jünger, die ihn feige im Stich gelassen und verleugnet haben, hat er neu berufen. Und für die, die ihn am Kreuz zu Tode quälten, hat er gebetet: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Und so hat er das Böse besiegt.

Und hier ist der Ansatzpunkt für uns, wie wir das Böse überwinden können: Wenn wir uns eng an Jesus anschließen, wenn wir die Verbindung zu ihm halten, dann kann seine Güte in unser Herz einfließen.
Die Güte, die von ihm ausgeht – das ist das Heilmittel.
Darauf kommt es also an, dass wir uns von dieser Güte anstecken und erfüllen.
Und wenn seine Güte unser Herz ausfüllt, dann kann das Böse nicht eindringen.
Dann können wir es besiegen.

Jesus ist in diese Welt gekommen, um gegen das Böse zu kämpfen. Und er will das mit uns zusammen tun. Das ist unser Auftrag, als einzelne und als Gemeinde.

Heute ist Volkstrauertag. Wir trauern um die Menschen, die Opfer von Krieg und Gewalt sind. Aber trauern heißt nicht resignieren. Es heißt nicht, sich mit dem Bösen in dieser Welt abzufinden.

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!

Paulus sagt also: Kapituliere nicht vor dem Bösen, sondern kämpfe!

Es geht um einen wirklichen Kampf. Aber um einen Kampf ganz anderer Art.

Und für diesen Kampf brauchen wir die ganze Gemeinde. Wir brauchen die Jungen und die Alten.

Wir brauchen Euch, Ihr Konfis! Ihr habt die Power und die Begeisterungsfähigkeit, die für diesen Kampf nötig ist!
Ihr könnt mit eurem Leben dazu beitragen, das Böse ein Stück mehr zu besiegen mit Güte!
Ihr könnt mit eurem Leben einen Unterschied machen, in eurem Umfeld, in unserer Gesellschaft.
Resigniert nicht vor dem Bösen, sondern kämpft mit, mit ganzer Leidenschaft!

Und wir brauchen für diesen Kampf auch die Alten und ihren Realitätssinn.
Wir dürfen ja nicht naiv sein und nicht denken, mit ein paar kleinen sozialen Aktionen ist es getan.

Wir brauchen für diesen Kampf vor allem langen Atem. Denn das Böse wird immer wieder Siege einfahren.
Den vollständigen Sieg über das Böse werden wir hier auf der Erde wohl nicht erleben. Darum beten wir im Vater-unser „Erlöse uns von dem Bösen!“ Letztlich kann nur Gott selbst das Böse auf dieser Welt auslöschen. Und er wird es tun, wenn sein Reich kommt.

Aber das, was wir jetzt tun können, ist trotzdem bedeutsam. Wir können jetzt schon kleine Siege erleben. Und jeder kleine Sieg ist wichtig!
Du kannst in deinem Umfeld die Verbreitung des Bösen brechen. Du kannst dafür sorgen, dass es von dir nicht auf andere übergeht. Du kannst in deinem Umfeld Güte ausbreiten: in deiner Familie, in deiner Klasse, unter deinen Kollegen, im Bus, im Verein.

Überwinde das Böse mit Gutem!

(F: Foto)
Ich hab vor einiger Zeit den Sohn von Uwe Holmer kennengelernt. Vielleicht erinnern sich manche an diesen Mann. Uwe Holmer war Pfarrer in der früheren DDR, hatte lange eine diakonische Einrichtung für Obdachlose in Lobetal geleitet. Ein Mensch, der viel unter der DDR-Regierung zu leiden hatte. Seine Kinder durften kein Abi machen, weil sie überzeugte Christen waren, durften nicht studieren. Die Familie wurde wegen ihres Glaubens beobachtet und schikaniert.
Dann kam die Wende. Und auf einmal wurde alles anders. Erich Hohnecker trat zurück. Der Mann, vor dem alle gezittert hatten, der stand auf einmal allein. Er kam ins Krankenhaus. Und als er entlassen wurde, wussten er und seine Frau nicht mehr, wo sie bleiben sollen. Die Dienstwohnung stand ihm nicht mehr zu. In seine private Wohnung traute er sich nicht. Er hatte zu viele Feinde. Die Genossen von früher distanzierten sich von ihm. Keiner wollte mehr etwas mit ihm zu tun haben.
Und dann kam die Anfrage an Uwe Holmer und seine Frau, ob die Honeckers bei ihnen wohnen könnten. Sie haben das gut überlegt. Und am Ende sagten sie: Wir können doch nicht beten „Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldiger“ und dann Honeckers abweisen! Und so kam es, dass Ehepaar Holmer das Ehepaar Honecker bei sich im Pfarrhaus aufnahmen. Zehn Wochen wohnten sie bei ihnen, aßen zusammen, putzten zusammen, machten Spaziergänge.

Natürlich hätte sich Uwe Holmer gewünscht, dass Honeckers Einsicht zeigen, dass sie das Unrecht anerkennen, das durch sie geschehen ist.
Das ist nicht passiert. Aber es sind Brücken entstanden.
Ehepaar Holmer hat sich von dem Bösen, dass die DDR-Regierung ausgeübt hat, nicht anstecken lassen, sondern sie haben es mit Güte, mit Vergebung beantwortet und so für sich überwunden.

Jetzt noch mal zu uns!
Wie können wir das denn umsetzen?
Jetzt, nach der Predigt, nehmen wir uns das vielleicht vor. Aber morgen, wenn wir in der Schule oder bei der Arbeit sind, haben wir es schon wieder vergessen.
Vielleicht hilft es, wenn Ihr Euch eine kleine Merkhilfe macht.

(F: ÜDBMG)
ÜDBMG- das kann die Merkformel sein.
Überwinde das Böse mit Gutem!
Das kannst du auf einen Zettel schreiben und an den Badezimmerspiegel kleben oder als Notiz auf deinem Laptop, in den Status auf whatsapp schreiben oder du machst dir ein Armband mit den Buchstaben.

Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!
Wir sind eingeladen, mit Jesus zusammen dafür zu kämpfen.

Und der Friede Gottes …