Predigt, 26.3.2023 Ps. 23, 1 (Konfi-Vorstellung, Taufe)

26.3.2023

J.Berewinkel

Vor ein paar Wochen waren wir als Familie im Kino und haben „Avatar 2 – The way of water“ gesehen. Habt Ihr den auch schon ...

Vor ein paar Wochen waren wir als Familie im Kino und haben „Avatar 2 – The way of water“ gesehen. Habt Ihr den auch schon gesehen?
Das ist ein 3-D-Film. Da bekamen wir am Eingang so eine 3-D-Brille.
Ohne eine 3-D-Brille ist der Film nur halb so schön. Man sieht da alles verschwommen und es ganz flach.

Aber wenn Du die Brille aufsetzt, dann hast du auf einmal eine brillante Bildschärfe und vor allem – du siehst 3-dimensional. Da ist eine Tiefe drin, die ist echt beeindruckend.

Ein 3-D-Film ist so gemacht, dass man ihn erst mit so einer Brille richtig sehen und in seiner Fülle genießen kann.

Robert, du hast dir für deine Taufe Ps 23, 1 ausgewählt. Und ihr Konfis habt uns diesen Psalm ja sehr eindrücklich vorgestellt mit euren Plakaten.

Dieser Psalm ist wie eine 3-D-Brille.
Wenn wir durch diesen Psalm auf unser Leben schauen, dann sehen wir es auf einmal ganz anders.
Da bekommt alles eine Tiefendimension.
Wir sehen unser Leben und unsere ganze Welt klarer, schöner und tiefer.

Was sehen wir denn, wenn wir durch die Brille dieses Psalmes auf unser Leben schauen?

Ich würde mir ja gerne den ganzen Psalm mit Euch angucken, aber das wäre zu viel. Wir beschränken uns heute einmal auf den ersten Vers, auf Deinen Taufvers.

Den schauen wir uns Stück für Stück an und können so einen tieferen Blick auf unser Leben gewinnen.

Der HERR – so fängt der Psalm an.

HERR ist in der Lutherübersetzung und auch in der Basisbibel mit Großbuchstaben geschrieben.
Im Hebräischen steht da der Gottesname: Jahwe.

Mit diesem Namen hat Gott sich dem Mose vorgestellt.
Ihr kennt vielleicht die Geschichte: Mose war in Ägypten aufgewachsen. Das Volk Israel lebte da als Sklavenvolk. Mose hatte einen ägyptischen Aufseher totgeschlagen und war in die Wüste geflohen, auf die Sinaihalbinsel.
Und dort in der Wüste, bei einem brennenden Dornbusch, begegnet Gott dem Mose.
Er gibt ihm den Auftrag, sein Volk Israel aus der Sklaverei herauszuführen in das Land Kanaan, in ein Leben in Freiheit.

Mose fragt Gott: Wer bist Du denn? Wie ist dein Name?
Und Gott sagt: Ich bin, der ich bin.
Das heißt so viel wie: Wer ich bin, das lässt sich nicht definieren, sondern ich werde mich erweisen. Ich werde dir durch mein Handeln zeigen, wer ich bin.
Jahwe, das heißt: Der, der sich erweist.

Das ist ein wichtiger Punkt. Der Gott der Bibel ist kein Gott der Philosophen. Er ist keine bloße Idee, nichts, was man sich ausgedacht hat. Sondern er ist der Lebendige. Ein Gott, der in der Schöpfung und in der Geschichte wirkt, der aktiv ist. Ein lebendiger Gott, mit dem man Erfahrungen machen kann. Mit dem Ihr heute Erfahrungen machen könnt, wenn Ihr euch auf ihn einlasst.

Darum sagt der Psalmschreiber:
Der HERR ist.

Er ist real.
Allerdings eine Realität, die wir mit unseren Augen nicht sehen können.

Manche Leute denken: Was ich nicht sehen kann, das ist nicht wirklich.
Man nennt so eine Sicht auf die Welt Materialismus.
Real ist nur die Materie, nur die sichtbaren, anfassbaren, physischen Dinge.
Ich glaube, dass das eine sehr eingeschränkte Weltsicht ist. Es gibt vieles, was nicht materiell ist und doch real und wichtig ist.

Wenn wir die 3-D-Brille dieses Psalmes aufsetzen, dann können wir entdecken: Es gibt eine tiefere Wirklichkeit. Eine Wirklichkeit, die hinter dem Materiellen liegt. Da ist eine unsichtbare Macht, die hinter allem liegt.

Gott ist real und man kann ihn erfahren.
Der HERR ist.
Aber was ist er?
Der Psalm sagt:

Der HERR ist Hirte

Hirten sieht man bei uns ja kaum noch. Wahrscheinlich habt Ihr keinen engeren Bezug zu diesem Beruf.
In Israel damals war das anders. Da sah man ständig Hirten und ihre Schafherden.

Bestimmt hatte der Mensch, der diesen Psalm geschrieben hat, so einen Hirten vor Augen. Vielleicht war er selber ein Hirte und hatte eigene Schafe.

Ein Hirte ist sehr fürsorglich. Das wird ja dann in den folgenden Versen vom Psalm beschrieben.
Ein Hirte kümmert sich intensiv um seine Schafe.
Er sorgt dafür, dass sie Essen kriegen, auf grünen Wiesen mit saftigem Gras.
Und er sorgt dafür, dass sie frisches Wasser zum Trinken haben.
Er führt sie sichere Wege, achtet darauf, dass sie nicht irgendwelche Abhänge runterstürzen.
Und wenn es mal gefährlich wird, wenn er mit den Schafen durch ein dunkles Tal gehen muss, dann schützt er sie vor Gefahren, vor wilden Tieren und was da sonst so an Bedrohungen ist.

Das ist schon eine sympathische Figur, so ein Hirte.
Und der Psalmschreiber sieht:
So ist Gott.
So wie der Hirte sich um seine Schafe kümmert, so kümmert sich Gott um mich.
So wie der Hirte seine Schafe kennt, so kennt Gott mich.
So wie dem Hirten jedes Schaf wichtig ist, so bin ich wichtig in Gottes Augen.

Wenn wir durch die Brille dieses Psalmes auf unser Leben sehen, dann können wir wahrnehmen:
Da ist jemand, der auf mich achtet.
Da ist eine große Macht, die mich nie allein lässt, die immer da ist, die auf meiner Seite steht und für mich sorgt.
Eine Macht, der ich vertrauen kann, bei der ich geborgen bin und keine Angst haben muss.
Der Herr ist Hirte.

Ein Wort fehlt jetzt noch.
Man hätte den Satz so formulieren können:
Der Herr ist ein Hirte.
Das wäre doch auch ein schöner Satz, oder?
Aber es fehlt ein Buchstabe.
Und dieser eine Buchstabe macht einen großen Unterschied.

Im Psalm heißt es nicht:
Der HERR ist ein Hirte,
sondern:

Der HERR ist mein Hirte.

Ein Hirte oder mein Hirte – wo ist denn da der Unterschied?

Durch das m kommt das Ich ins Spiel.
Da wird es auf einmal persönlich.

Der Herr ist ein Hirte – das wäre so ein theologischer Satz, der richtig ist, aber keinen von uns persönlich betrifft.
Mein Hirte ist etwas ganz anderes.
Da bin ich selber einbezogen.
Da komme ich plötzlich aus der Zuschauerrolle heraus und gehe aufs Spielfeld.

Ich vermute mal, dass manche von uns diesen Satz so mitsprechen können: Ja, der Herr ist mein Hirte!
Sie haben das erlebt, dass Gott da ist und versorgt. Und sie haben Vertrauen zu diesem Gott.

Und andere sind hier, die zögern.
Die würden vielleicht den Satz unterstreichen:
Der Herr ist ein Hirte.
Aber mein Hirte?? Hmm.

Wie wird denn aus ein Hirte mein Hirte?

Mein Hirte – das ist eine Beziehung. Und so eine Beziehung ist ja immer eine zweiseitige Sache.

Von Gottes Seite aus ist die Sache klar. Er will unser Hirte sein. Hirte jedes Menschen. Es gibt keinen Menschen auf dieser Erde, für den Gott nicht Hirte sein will.

Aber wichtig ist eben auch unsere Seite.
Mein Hirte wird Gott, wenn ich mich auf ihn einlasse. Wenn ich anfange, Schritte hinter ihm herzugehen, so wie das Schaf hinter dem Hirten hergeht.

Das heißt: Kleine Vertrauensschritte gehen und ihm das auch sagen:
Gott, ich will dir vertrauen.
Ich lasse mich auf deine Zusagen ein
und will deinen Anweisungen folgen.

So können wir dann Erfahrungen mit diesem Gott machen und immer mehr, immer klarer sagen:

Ja, das stimmt.
Ja, das gilt auch für mich:
Der Herr ist mein Hirte.

Amen.