Predigt, 27.6.2021 (Partnerschaftsonntag)

27.6.2021

J.Berewinkel

Predigt, 27.6.2021 (Partnerschaftsonntag) Liebe Geschwister, liebe Gäste, unsere Partner aus Kusini A haben für diesen GD einen Bibeltext ausgewählt. Über den wird dort im GD und hier ...

Predigt, 27.6.2021 (Partnerschaftsonntag)

Liebe Geschwister, liebe Gäste,
unsere Partner aus Kusini A haben für diesen GD einen Bibeltext ausgewählt. Über den wird dort im GD und hier gepredigt. Es sind Sätze von Jesus, die es in sich haben und die zeigen, was Jesus wirklich wichtig ist:

Mt. 22, 34-40:
Einer von den Pharisäern, ein Lehrer des Gesetzes, versuchte Jesus und fragte: Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz? Jesus aber sprach zu ihm: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt« (5. Mose 6,5). Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« (3. Mose 19,18). In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.“

Gott lieben und den Nächsten lieben – das gehört zusammen. Und nur wenn das beides zusammengeht, gelingt das Christenleben!

Vor vielen Jahren hatte ich ein Sondervikariat in Tansania gemacht. Ich war dort in einer Dorfgemeinde, nicht in Kusini, sondern auf der anderen Seite, ganz im Osten des Landes, in den Usambarabergen. Ich fuhr einen schönen alten Toyota Hilux Pickup. Bei einer Fahrt merkte ich, dass irgendwas nicht stimmt mit dem Auto. Ich drückte aufs Gaspedal, aber der Wagen zog nicht so richtig. Ich gab mehr Gas, aber der Wagen kam immer noch nicht in Fahrt. Ich hatte keine Idee, woran das liegen könnte. Zum Glück schaffte ich es noch bis zur nächsten Werkstatt. Die nahmen den Wagen auseinander. Etwas später zeigte mir der Werkstattleiter, wo das Problem lag. Es war die Kupplung. Zum ersten Mal sah ich, wie eine Kupplung von innen aussieht und wie sie funktioniert. Wissen Sie das?

Zwei Scheiben liegen da aneinander. Die eine Scheibe, das Schwungrad, ist über die Kurbelwelle mit dem Motor verbunden. Gibt man Gas, dann dreht sie sich. Die andere Scheibe, Kupplungsscheibe genannt, ist über das Getriebe mit den Rädern verbunden. Wenn sie sich dreht, dann drehen sich auch die Räder und der Wagen fährt. Bei einer funktionierenden Kupplung liegen also die beiden Scheiben aneinander. Sie sind durch ganz stark haftendes Material, durch Noppen und Hohlräume miteinander verzahnt. Und so überträgt sich die Bewegung der einen Scheibe sofort auf die andere. Sie sind miteinander „verkuppelt“. Bei meiner alten Kupplung waren diese Scheiben abgenutzt. Die rauen Oberflächen waren glatt gerieben und griffen nicht mehr ineinander. Wenn ich Gas gab, drehte sich das Schwungrad, aber die Kupplungsscheibe drehte sich nicht mit, und so konnte sich die Kraft des Motors nicht auf die Räder übertragen.

Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten sind wie Schwungrad und Kupplungsscheibe. Wenn die ineinandergreifen, dann kommt der Glaube in Bewegung, dann kommt das Christenleben in Fahrt.

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt!“

Was bedeutet das eigentlich – Gott lieben?

Es ist ja etwas anderes als vermuten, dass es da irgendwo ein höheres Wesen gibt.
Es ist etwas anderes als ab und an mal ein Stoßgebet loszulassen.
Und es ist auch etwas anderes, als sich in der Kirche zu engagieren.

Gott lieben – das hat ja etwas mit Wertschätzung für ihn zu tun. Da geht es um eine Beziehung.
Wenn ich jemanden liebe, dann ist mir diese Person kostbar und wichtig.

Gott lieben – das heißt: Gerne an ihn denken.
Gerne mit ihm sprechen und ihm gern zuhören.

Gott lieben mit ganzem Herzen – das heißt, dass Gott in meinem Herzen einen ganz großen Platz hat.

Aber jetzt gibt es da eine Schwierigkeit:
Gott ist ja unsichtbar.
Ich sehe ihn nicht. Ich fühle ihn nicht. Da ist nichts für meine Sinne.
Wie kann man denn lieben, was man nicht sieht?

Ich glaube, die Liebe zu Gott kann entstehen, wenn wir etwas von Gott entdecken.

Das war die Erfahrung von Martin Luther gewesen.
Der hatte sich ja als Mönch sehr bemüht, Gott zu lieben. Er dachte: Ich muss Gott lieben, sonst ist er zornig auf mich und verdammt mich.

Er versuchte alles mögliche, um Liebe zu Gott in sich zu entfachen. Aber das wurde nur ein riesiger Krampf.

Und dann entdeckte er in der Bibel, wie dieser Gott wirklich ist: Dass dieser Gott uns liebt – lange bevor es bei uns auch nur ein Fünkchen von Liebe zu ihm gibt. Er liebt uns Menschen. Er liebt uns so sehr, dass er in Jesus auf diese Erde kommt und sich ganz für uns hingibt.

Gott ist kein zorniger Tyrann. Er ist auch keine kühle Energie, kein fernes Wesen irgendwo im All, auch kein schläfriger Opa auf irgendwelchen Wolken.

Gott, so sagte Luther mal, ist ein glühender Backofen voller Liebe. Echter, brennender Liebe.

Und wenn man diese Liebe entdeckt, die sich da in Jesus zeigt, wenn man die entdeckt und an sich heranlässt, dann kann es passieren, dass sie uns ansteckt, dass sie unser Herz entzündet.

Gott lieben, das heißt also nicht, dass wir etwas für Gott tun, sondern dass wir etwas von ihm empfangen, dass wir uns beschenken lassen, dass wir uns an diesem Ofen der Liebe wärmen.
Oder, um es mit einem anderen Bild zu sagen: Dass wir in dieser Liebe wie in einem See eintauchen, darin baden und sie genießen.

Und wenn wir so mit Gottes Liebe in Berührung kommen, dann wird unser Herz selbst voll mit Liebe, dann geht der Motor an und bringt uns in Schwung.

Das Schwungrad dreht sich und greift in mein Leben hinein, in meine Beziehungen.

Und so kommt die Liebe von Gott in mein Herz und von dort zu meinen Nächsten:

„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Den Nächsten lieben – ich glaube, da fällt uns spontan vieles ein, was dazu gehört.
Woran denken Sie da? ….

Liebe zum Nächsten, zum Mitmenschen – das ist eine bestimmte Haltung zu anderen.
Es beginnt mit Offenheit und Interesse.
Dass mir der andere nicht egal ist, sondern mich interessiert, wie es ihm geht.
Es meint eine Haltung der Wertschätzung: Du bist mir wert und wichtig.
Da ist in meinem Herzen für dich Platz.

Die Liebe zum Nächsten entsteht im Herzen, ist eine innere Einstellung. Aber sie bleibt nicht im Inneren, sondern geht vom Herz in die Hände. Sie wird praktisch. Sie tut für den anderen, was nötig ist und hilft, wo sie kann.

Und das ist natürlich auch für so ein Partnerschaft zwischen zwei Kirchenkreisen ganz wichtig. Es ist ja nicht nur eine organisatorische Partnerschaft, sondern eine Beziehung zwischen Menschen.
Partnerschaft, die von der Nächstenliebe geprägt ist, meint, dass wir uns gegenseitig wertschätzen und achten. Wir sind neugierig aufeinander und haben ein waches Interesse aneinander. Und wir wollen füreinander das Beste!
Partnerschaft, die von der Liebe geprägt ist, bedeutet auch ganz praktisch Helfen und Unterstützen. Und das nicht als Einbahnstraße, sondern gegenseitig.

Ich muss Ihnen da mal eine Doppelanekdote erzählen. Da wird deutlich, wie das mit der Liebe und dem gegenseitigen Helfen ganz praktisch aussieht.

Herr Dewina, ein Gemeindeglied bei uns, erzählte mir vor zwei Wochen folgende Anekdote:
Vor vielen Jahren, damals war noch Pfarrer Möller hier als Pfarrer tätig, da kam eine Gastgruppe aus Kusini A hier nach Bonn. Und ein Pfarrer von dort kam als Gast hier zu uns in die Gemeinde. Nun war es so, dass sein Koffer auf der Reise verloren gegangen war. Irgendwie verschwunden. Und jetzt stand der arme Mann ohne alles hier. Pfarrer Möller ist dann mit ihm losgezogen und hat für ihn Sachen zum Anziehen gekauft: Hosen und Hemden, Unterwäsche, Zahnbürste. Was man so braucht.
Nächstenliebe und Partnerschaft ganz praktisch. Super!

Anekdote 2:
Vor vielen Jahren, als ich damals mein Jahr in Tansania hatte, da wollte ich einen Freund besuchen. Der war Bischof in der Nähe von Mwanza, südlich vom See Viktoria. Ich flog mit dem Flieger da hin und weiter mit dem Bus. Ich hatte Geld dabei, als Geschenk für die Diözese. Man fühlt sich ja gut, wenn man da so als der reiche Onkel kommt, der Geschenke bringt.
Als ich aus dem Bus aussteigen wollte, war mein Gepäck weg. Spurlos verschwunden. Und plötzlich stand ich ohne alles da, genau wie der Pastor aus Kusini damals hier ohne alles da stand.

Mein Freund, der Bischof, nahm mich in Empfang. Und dann ging er mit mir Einkaufen: Hosen und Hemden und Unterwäsche und Zahnbürste und was man so braucht. Im GD haben sie sogar eine Kollekte für mich eingesammelt, für den armen weißen Mann, der nichts mehr hat.
Das war Nächstenliebe und Partnerschaft ganz praktisch.

Du sollst Gott lieben von ganzem Herzen und deinen Nächsten wie dich selbst.

Wenn die Liebe Gottes unser Herz erfüllt, dann greift sie in unser Leben wie die Kupplung. Dann bringt sie uns in Bewegung hin zu unseren Nächsten.
(Tuch-Aktion: 2 getrennt liegende Tücher werden ineinander verwickelt)

So wie diese beiden Tücher hier umeinander gewickelt werden, so hängen auch die Liebe zu Gott und die Liebe zu den Mitmenschen unauflöslich zusammen.

Die Tücher zeigen uns aber noch etwas:
Sie sind auch ein Symbol für unsere Partnerschaft.

Die Menschen im Kirchenkreis Bonn und die Menschen im Kirchenkreis Kusini A sind ja erst einmal weit auseinander und ganz verschieden.

Aber in der Liebe werden sie miteinander verwickelt.
Da entstehen gegenseitige Beziehungen. Ein Interesse hin und her. Ein Geben und ein Nehmen, hin und her. Beziehungen, Begegnungen, gemeinsame Erlebnisse. Alles das verwickelt uns miteinander.

Die Liebe ist eine große Kraft, die ganz verschiedene Menschen miteinander verwickelt und verbindet.

Und darum ist es für uns und für unsere Partnerschaft ganz wichtig, dass wir unser Herz von Gottes Liebe wärmen und füllen lassen, immer wieder. Und dann großzügig diese Liebe teilen,
mit unseren Nächsten hier vor der Haustür und mit unseren Partnern in Kusini A.

Amen.