Liebe Geschwister,
was wünschen wir einem Kind, wenn es geboren wird oder wenn es getauft wird?
Wir wünschen ihm natürlich Gesundheit und Glück und ganz viel Liebe und immer freundliche Menschen an seiner Seite, wünschen ihm Wurzeln und Flügel, ein frohes, selbstbestimmtes Leben. Da fällt uns ganz viel ein, was wir so einen kleinen Erdenbürger wünschen.
Ich möchte heute einmal einen Wunsch ergänzen, der ist ein bisschen ungewöhnlich. Ich wünsche dem Daniel und allen Kindern und auch uns allen, dass wir ein wenig salzig werden.
Das hat nämlich Jesus seinen Jüngern gewünscht. Und das steht im Predigttext, der für diesen Gottesdienst heute vorgeschlagen ist. Ein kurzer Satz aus der Bergpredigt. Da sagt Jesus zu seinen Jüngern:
„Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man es salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten.“ (Mt 5, 13)
Vorher stehen in der Bergpredigt die Seligpreisungen. Selig sind die geistlich Armen, die Sanftmütigen, die Barmherzigen, die Friedensstifter …
Und dann kommt dieses Salzwort.
Das ist eigentlich gar kein Wunsch, sondern eine Feststellung, eine Zusage:
Ihr seid das Salz der Erde!
Ich habe uns mal etwas Salziges mitgebracht. Da können Sie kosten, wie das schmeckt…
Ihr seid das Salz der Erde!
Was meint Jesus wohl damit?
Wieso Salz?
(Folie: Wozu ist Salz gut?)
Wozu ist Salz eigentlich gut?
Salz konserviert.
Damals war Salz das einzige Mittel, mit dem man Lebensmittel haltbar machen konnte: Fisch und Fleisch und anderes. Das wurde eingerieben mit Salz, damit es nicht verfault und vergammelt.
Ihr seid das Salz der Erde!
Also: Ihr bewahrt diese Welt vor dem Verfall!
Salz konserviert. Und es reinigt auch.
Salz war in der Antike ein wichtiges Mittel, um Krankheitserreger abzutöten. Das ist es ja bis heute.
Wer Lungenprobleme hat, fährt an die Nordsee, weil die salzige Luft gut für die Lunge ist. Und bei einer Erkältung, wenn die Nasenhöhlen verstopft sind, kann man mit Salzwasser inhalieren, um die Bakterien abzutöten.
Salz konserviert. Es reinigt. Aber vor allem ist Salz das Würzmittel schlechthin.
Ohne Salz – da schmeckt das Brot einfach fad und die Suppe ist laff. Man kann das kaum essen. Aber ein bisschen Salz bringt gleich den richtigen Geschmack hinein. Das haben Sie ja gerade gemerkt.
Ihr seid das Salz der Erde!
Ihr bringt die Würze in die Suppe dieser Welt!
Was heißt das konkret?
Ich fand beim Paulus einen interessanten Satz. Er schreibt in seinem Brief an die Kolosser:
„Eure Rede sei stets freundlich und mit einer Prise Salz gewürzt. Denn ihr müsst wissen, wie ihr jedem eine angemessene Antwort geben könnt.“ (Kol. 4, 6)
Unser Reden soll mit einer Prise Salz gewürzt sein!
Wir sagen ja schon mal: Da hat jemand eine gepfefferte Rede gehalten.
Gepfeffert – das ist noch mal eine Stufe stärker. Eine gepfefferte Rede ist scharf, vielleicht aggressiv, polarisierend, knallhart.
Unsere Rede soll aber nicht gepfeffert sein, sondern mit einer Prise Salz gewürzt.
Unser Reden und Handeln als Christen soll also nicht fad sein, nicht laff, nicht langweilig.
Salzig sein – das heißt anders sein.
In unserem Reden und auch in unserem Handeln.
Nicht sagen und tun, was alle sagen und tun.
Nicht einfach im Einheitsbrei mitschwimmen.
Sondern im Gespräch eine neue, ungewöhnliche Perspektive einbringen, so dass die Leute sagen: Ach, so habe ich das ja noch nie gesehen.
Vielleicht ein bestimmtes Thema von Gott her betrachten und so ein ganz neues Licht darauf werfen.
Neue Blickwinkel, neue Werte einbringen. Neue Fragen aufwerfen und ungewohnte Ideen entwickeln.
So bringen wir eine Prise Salz ins Gespräch.
Und eine Prise genügt!
Wir sollen ja den Leuten nicht das Leben versalzen.
Das gibt es leider auch: Christenmenschen, die immer nur das Schlechte bei den anderen sehen, die immer nur nörgeln und besserwissen. Damit versalzt man die Suppe. Damit bewirkt man nichts Gutes.
Nicht das Gespräch versalzen, aber würzen!
Und würzen können wir auch mit unserem Handeln.
Wenn wir so handeln, wie es Gott gefällt,
so wie Jesus es in den Seligpreisungen beschreibt:
Wenn wir bei Konflikten Frieden stiften und ausgleichen statt alles noch zu verschärfen
Wenn wir barmherzig sind, wo andere das Herz hart machen.
Wenn wir unsere geistliche Armut vor Gott erkennen statt zu denken: Ich brauch Gott nicht und schaff alles auch allein!
Salz sein heißt: Anders sein und so die Welt würzen!
Und da genügt schon eine Prise!
Das ist unser zweiter Punkt: Schon wenig Salz wirkt.
(Folie: Schon wenig Salz wirkt)
Schon ein kleines bisschen Salz hat große Wirkung!
Das ist so eine Pointe bei diesem Bild, die ist mir erst jetzt bei der Vorbereitung auf diesen Gottesdienst richtig bewusst geworden.
Es ist ein Bild für eine Kirche in der Minderheitssituation!
Als Jesus diesen Satz sagt, da sitzt vor ihm die kleine Truppe seiner Jünger: Die Zwölf und wahrscheinlich noch einige mehr. Es sind vielleicht 20, 30 Leute, die er da vor sich hat. Vielleicht so viele, wie wir heute morgen sind.
Es sind Handwerker, Fischer, einfache Leute, ohne große Bildung, ohne finanzielle Mittel.
Und jetzt stellt Euch das mal vor:
Diesem kleinen Haufen sagt Jesus:
Ihr seid das Salz der Erde!
Ihr seid für diese Welt so wichtig wie das Salz für die Suppe!
Euch wird man schmecken!
Ihr macht den Unterschied!
So wenige Ihr auch seid – Ihr bringt die Würze in die große Suppe dieser Welt!
Damit gibt Jesus seinen Jüngern eine ungeheure Bedeutung, eine unglaubliche Wertschätzung!
Ihr seid wichtig!
Ihr seid wirksam!
Auch wenn ihr nur eine ganz kleine Minderheit seid.
Ich finde diesen Satz gerade in unserer jetzigen Situation als Kirche eine enorme Ermutigung.
Wir werden Minderheitskirche. Wir sind als Christen schon die Minderheit in der Gesellschaft und das wird sich in den nächsten Jahren noch deutlich verschärfen.
Ich weiß nicht, wie Sie die Stimmung wahrnehmen – ich spüre in unserer Kirche, bei den Hauptamtlichen und auch bei manchen Gemeindegliedern eine ziemlich resignierte Stimmung:
Ach, es wird immer weniger! Wir werden immer unbedeutender für die Gesellschaft, verlieren an Einfluss.
Was können wir in der Zukunft schon ausrichten, wenn es so wenige Pfarrer gibt und alles kleiner wird!
Ich glaube, wir sind gerade als Kirche in der Versuchung, den Rückzug anzutreten. Rückzug in die Kirchenmauern. Die kleine Schar sammeln. Sich verschanzen. In Deckung gehen.
Das Wort, das Jesus uns heute sagt, macht ganz klar: Das Gegenteil ist richtig!
Nicht Rückzug, sondern rausgehen!
Das Salz gehört nicht in den Streuer, sondern in die Suppe!
Ja, es stimmt, wir werden weniger. Wir sind eine Minderheit.
Aber wir sind Salz, sagt Jesus
Wir brauchen nicht die Mehrheit sein.
Wir können auch als kleine Minderheit in dieser Welt, in unserer Gesellschaft wirksam sein.
Du bist Salz der Erde.
Du bist Salz, da wo du lebst. In deiner Nachbarschaft, an deinem Arbeitsplatz, in deiner Familie, im Verein!
Der türkische Schriftsteller Yasar Kemal sagte mal:
„Alle Veränderungen der Welt haben mit einer Handvoll Menschen begonnen.“
Wenige genügen, um die Welt zu würzen.
Die Jesus-Bewegung begann so.
Eine kleine Minderheit, die als Salz in der Suppe der Gesellschaft wirkte und so in einer erstaunlichen Dynamik die damalige römische Gesellschaft revolutioniert hat.
Dann wurden die Christen immer mehr. Jahrhundertelang war das Christentum in Europa Mehrheitsreligion. Da konnte man gar nicht mehr Salz in der Gesellschaft sein. Die christlichen Werte und Überzeugungen wurden ja – zumindest offiziell -von allen geteilt.
Aber jetzt bewegen wir uns wieder auf die Anfangssituation zu. Wir werden Minderheit.
Und das muss uns überhaupt nicht frustrieren.
Denn als Salz können wir auch mit wenigen Menschen viel bewirken, können unsere Umgebung würzen und die Welt schmackhaft machen!
Ihr seid das Salz der Erde!
Das sagt Jesus uns heute morgen zu.
Ihr seid es.
Und jetzt kommt ein großes ABER.
(Folie: Wenn Salz dumm wird)
„Wenn aber das Salz nicht mehr salzt, womit soll man es salzen?“
Wörtlich sagt Jesus: Wenn aber das Salz dumm wird.
Dumm im Sinne von fad, laff, wirkungslos.
Wenn Salz nicht mehr salzt, dann ist es sinnlos, dann kann man es nur noch wegwerfen.
Die Ausleger sind sich bei dieser Stelle etwas uneinig.
Manche meinen: Jesus sagt hier etwas, das ganz unmöglich ist. Salz, das nicht salzt, gibt es nicht, so wenig wie ein Kamel durchs Nadelör gehen kann.
Es könnte aber auch sein, dass da eine reale Erfahrung hinter steht. Die Menschen in Israel bekamen damals ihr Salz vom Toten Meer. Und da kam es vor, dass sich das Salz dort mit anderen Mineralien vermischte. Dass man nicht das pure Natriumchlorid hat, sondern etwas Minderwertiges. Da konnte man tatsächlich „Salz“ haben, das „dumm“ ist, das minderwertig ist und nicht richtig würzt.
Auf jeden Fall verbindet Jesus diese Zusage: Ihr seid das Salz der Erde, mit einer Aufforderung: Bleibt, was ihr seid! Werdet nicht dumm! Werdet nicht laff!
Aber wie können wir salzig bleiben?
Die Jünger, die Jesus da vor sich hat, die hatten ja ihre Salzigkeit nicht in sich selbst. Das waren ja keine Genies oder besonders originelle Leute, sondern ganz normale Menschen wie alle anderen auch.
Salz wurden sie, weil sie Jünger von Jesus geworden sind. Das hat sie anders gemacht. Das hat ihrem Leben die besondere Würze gegeben.
Sie waren Salz, weil sie sich mit ihrem ganzen Leben an Jesus als dem Meister orientiert haben.
Nach dem Salzwort steht übrigens ein anderes bekanntes Wort. Da sagt Jesus den Jüngern: Ihr seid das Licht der Welt. Da gilt das gleiche. Die Jünger sind Licht in dieser Welt, weil sie sich an Jesus orientieren, weil Jesus das eigentliche Licht dieser Welt ist.
Und Jesus ist das eigentliche Salz dieser Erde.
Er bringt den guten Geschmack.
Er öffnet neue Perspektiven und zeigt neue Werte.
Er zeigt uns, wer Gott ist und wie man mit Gott leben kann.
Er ist das eigentliche Salz.
Und wir sind das Salz der Erde, wenn und in dem Maße wie wir uns an Jesus binden, an ihm orientieren, ihn unseren Herrn und Meister sein lassen.
Für die Zukunft unserer Gemeinde und für die Zukunft unserer Kirche kommt es nicht darauf an, dass wir viele sind, dass wir eine große Zahl sind, sondern dass wir als Einzelne Jesus folgen und in Verbindung mit ihm leben.
Dann werden wir in die Suppe dieser Welt die gute Würze hineinbringen.
Ich stelle mir zum Beispiel eine Frau vor. Wir nennen sie mal Christine Fromm.
Sie ist Christin, geht zur Gemeinde. Sie arbeitet beim REWE. Und dort wirkt sie als Salz. Sie lacht gerne mit ihren Kolleginnen und Kollegen, aber wenn die anfangen, über andere zu lästern, dann winkt sie ab und sagt: Lass uns mal das Thema wechseln!
Im Laden arbeitet ein junger Syrer als Aushilfskraft. Dessen Deutsch ist immer noch grottig schlecht, aber Christine nimmt sich Zeit, mit ihm zu reden, fragt nach, wie es seiner Familie geht und hilft ihm praktisch.
Wenn sie an der Kasse sitzt und die Kunden sauer sind und sich beschweren, weil alles so teuer geworden ist, dann versucht sie, trotzdem freundlich zu bleiben und hinter dem Ärger die Not zu sehen.
Sie drängt ihren Glauben keinem auf, aber sie verschweigt ihn auch nicht und als sie mit einer Kollegin über Krankheiten spricht, da erzählt sie, wie Gott ihr geholfen hat, durch eine schwere Krankheit durchzukommen.
Und so ist Christine Salz in ihrem REWE, und sie wirkt und würzt, weil sie selbst mit Jesus, mit Gott in Verbindung steht.
Ihr seid Salz! Und wenn gleich der Gottesdienst zu Ende ist, dann gehen wir raus, raus aus der Kirche, raus aus dem Streuer, raus in die Welt, um diese Welt zu würzen!
Und der Friede Gottes …